Explosion

[521] Explosion, im allgemeinen jede stürmisch und plötzlich sich abspielende Reaktion, deren Produkte gasförmig sind, gleichgültig, ob die reagierenden Stoffe Gase sind oder nicht, im engeren Sinne wohl auch nur derartige Reaktionen, die zwischen Gasen verlaufen.

Explosionsreaktionen sind stets solche, die Wärme entwickeln. Geht eine solche Reaktion, wie es bei genügend niedriger Temperatur stets der Fall ist, langsam vor sich, so findet die durch die Reaktion entwickelte Wärme Zeit, durch Leitung und Strahlung an die Umgebung Überzugehen. Bei schnellerem Reaktionsverlauf erhitzt die entwickelte Wärme die umgebenden[521] reaktionsfähigen Teilchen so weit, daß auch deren Einwirkung beschleunigt vor sich geht, somit schnell weitere Wärmemengen auftreten, so daß das ganze Reaktionsgemisch entsprechend schnell dem Endzustand zueilt. Demnach ist es ersichtlicherweise nur nötig, an irgend einer Stelle des Reaktionsgemisches eine solche Temperaturerhöhung zu bewirken, welche die Reaktionsgeschwindigkeit so weit vergrößert, daß die Reaktionswärme nicht ebenso schnell abgeleitet wird, als neue hinzukommt, um eine spontane, immer rapider verlaufende Wirkung, eine Explosion, zu verursachen. Eine solche hohe Temperatur wird als Entzündungstemperatur bezeichnet; da sie jedoch von vielen Faktoren, wie Reaktionswärme, Wärmeleitungsvermögen, Diffusion, Strahlung, Außentemperatur und Druck, abhängen muß, die nur zum Teil dem speziellen Reaktionssystem eigentümlich sind, so ist sie für ein und dasselbe Reaktionsgemisch weder stets gleich noch besonders charakteristisch. Die Explosion oder, wenn die Reaktion eine Verbrennung ist, die Entflammung kann, wie aus obigem einleuchtet, sowohl durch Erhitzung eines kleinen Bereichs wie der Gesamtheit des Reaktionsgemisches hervorgerufen werden. Ersteres ist z.B. durch elektrische Funken oder durch mechanisch erzeugte Wärme wie Stoß, Schlag, Reibung erreichbar. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit explosiver Reaktionen, nach Berthelot die Explosionswelle, hat sich als unabhängig vom Drucke und andern äußeren Bedingungen ergeben, ist somit eine für jedes Reaktionsgemisch charakteristische Konstante; sie läßt sich in ziemlicher Uebereinstimmung mit den Versuchsergebnissen berechnen als identisch mit der mittleren molekularen Geschwindigkeit der Verbrennungsprodukte bei der Explosionstemperatur. Für die Heftigkeit der Explosion, die Brisanz, ist neben der Wärmeentwicklung noch die Volumänderung während der Reaktion maßgebend. Diese ist bei festen und flüssigen Stoffen sehr viel größer als bei Gasen, bei denen immer der von den Reaktionsprodukten eingenommene Raum von gleicher Größenordnung wie der des Reaktionsgemisches ist, wenn man von der Ausdehnung durch die Reaktionswärme während der Explosion absieht, die also bei Gasen so gut wie allein die Brisanz bedingt.

Die Volumina der Explosionsgase je eines Gramms einiger festen und flüssigen Stoffe bei 0° und 760 mm Druck nebst der Wärmeentwicklung enthält folgende Tabelle:


Explosion

Diese Sprengstoffe würden in ihrem eignen Volumen bei der Explosion ca. 10000 Atmosphären Druck erzeugen. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Explosion in flüssigen Sprengstoffen hängt nach Berthelots Versuchen von der Fertigkeit des einschließenden Materials ab und scheint im Grenzfall der Schallgeschwindigkeit in Flüssigkeiten ca. 5000 m/sec zuzustreben. Die Geschwindigkeit ergab sich für:


Explosion

Bei den festen Sprengstoffen ist, wie man sieht, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit noch beträchtlich höher. S.a. Staubexplosion.


Literatur: Berthelot, Ann. chim. phys., 6, 23, 485; Dixon, Bericht der Deutschen Chemischen Gesellschaft, 1905.

Abegg.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 521-522.
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