[555] Glasschneidewerkzeuge. Das Mittel zum Schneiden des Glases ist fast regelmäßig der Diamant, Schneiddiamant, ein roher (ungeschliffener) Diamantkristall, welcher in seiner Fassung mittels Zinnlots so befestigt wird, daß eine seiner Kanten in der zum Schnitte geeigneten Lage sich befindet.
Bei richtiger Wirkung verursacht der Diamant im Schneiden nur ein leises Knistern, kein helles Kreischen, und macht einen seinen, nicht weiß aussehenden (1/8-1/6 mm tiefen) Spalt, nach dessen Richtung sodann das Glas durch einen leichten Druck oder Schlag rein abbricht. Um gerade Schnitte zu machen, führt man den Diamant längs eines Lineals; in krummen Linien wird er aus freier Hand bewegt, indem man als Richtschnur eine auf Papier gemachte Vorzeichnung unter das Glas legt oder bei Spiegeln die Linie vorläufig in die Belegung einkratzt. Kreisförmige Scheiben können bequem und sehr genau geschnitten werden, wenn man den Diamant in einen Stangenzirkel einsetzt. Besondere Schneid Vorrichtung vgl. [1].
Statt des Diamants wird zuweilen ein gehärtetes Stahlrädchen zum Ritzen des Glases verwendet [2]; das Abbrechen findet dann ebenso statt wie nach Benutzen des Diamants. Auch sprengt man das Glas mittels glühenden Eisens oder der sogenannten Sprengkohle. Letztere besteht aus Holzkohlenpulver mit Gummiauflösung, Tragantschleim und Benzoetinktur oder mit 1/16 Bleizucker und der nötigen Menge Tragantschleim zu einem Teige geknetet und in runde, federkieldicke Stäbchen geformt.
Das Kröseln, Abkröseln besteht in dem Wegbrechen kleiner Teile von den Rändern der Glasscheiben u.s.w., wozu man sich eines einfachen hakenartigen Werkzeuges (Kröseleisen, Fügeeisen) bedient. Um an Glastafeln (von der Dicke des gewöhnlichen Fensterglases) Ecken und andre kleine Teile abzurunden, runde und ovale Scheiben zuzuschneiden u.s.w., bedient man sich der Glasschere; sie gleicht im allgemeinen Aussehen einer Handblechschere, ist aber mit großen ovalen Ringen zum Einstecken der Hände versehen.[555]
Das Glasbohren findet statt mittels einer Rennspindel oder eines Rollenbohrers, woran man einen Diamantsplitter als Bohrspitze gebraucht oder gewöhnliche stählerne Bohrspitzen anwendet, die man aber mit Terpentinöl benetzt. Größere Löcher bohrt man mittels einer kupfernen Röhre und Schmirgel dergestalt, daß ein Scheibchen herausfällt; dieses Verfahren wird auch auf der Drehbank ausgeübt.
Das Feilen des Glases geht leicht und schnell mit einer gewöhnlichen Feile vonstatten, wenn man die Feile mit Terpentinöl feucht erhält. Die aus Schmirgel und Schellack u.s.w. zusammengesetzten Schmirgelfeilen, welche nur mit Wasser genetzt werden, eignen sich gleichfalls hierzu gut.
Das Schleifen (s.d.), Schneiden und Gravieren (s. Glasgravieren) der gläsernen Gefäße und ähnlicher Gegenstände [3] geschieht auf einer kleinen Drehbank (Schleifbank), an deren Spindel die geeigneten Werkzeuge eingespannt werden. Letztere sind teils zirkelrunde Schleifsteine (seiner Sandstein oder eine andre harte Steinart, auch künstliche, aus Schmirgel- oder Korborundumpulver und einem Bindemittel, Schellack, Zement u.s.w., zusammengesetzte Steine), teils Scheiben (Schneidscheiben) von Eisen, Kupfer, Zinn, Holz (Linden-, Pappel-, Weidenholz) oder Kork, teils endlich Stifte von Eisen, Kupfer, Messing, welche am Ende bald zugespitzt oder zugerundet sind, bald die Gestalt eines kleinen Scheibchens (Rädchens) oder Knöpfchens haben. Diese weichen Werkzeuge werden mit entsprechenden Schleifmitteln geschmiert [4].
Literatur: Prechtl, Technolog. Encykl., Stuttgart 1836, Bd. 7, S. 18; Karmarsch-Fischer, Handb. d. Technologie, Leipzig 1890, Bd. 2, S. 873. [1] Dinglers Polyt. Journ. 1849, Bd. 113, S. 191; 1859, Bd. 153, S. 186. [2] Ebend. 1874, Bd. 211, S. 344. [3] Prechtl, a.a.O., 1836, Bd. 7, S. 60; 1850, Bd. 16, S. 357. [4] Karmarsch-Fischer, a.a.O., Bd. 2, S. 861.
E. Müller-Dresden.