Gleitflugapparate

[329] GleitflugapparateDie ersten grundlegenden Versuche über den Gleitflug größerer Latten sind durch Otto Lilienthal gemacht worden und erstreckten sich vornehmlich auf das Studium der Auftriebs- und Widerstandsunterschiede gleichgroßer ebener und gewölbter Platten, wobei er zuerst auf die erheblichen Vorteile der Wölbung hinwies.

Seine auf Grund dieser Studien gebauten Flugzeuge bestanden in der Hauptsache aus zwei Tragflügeln (8–10 qm Tragfläche), die aus einem mit Schirting bespannten Gestell aus Weidenruten hergestellt waren (Breite 2 m, Spannweite etwa 7–8 m), und trugen möglichst weit zurückliegend eine fette, senkrechte Stabilisierungsfläche. Diese Flügel wurden entweder mit den Händen gefaßt oder man hing sich mit den Achseln über gepolsterte Bügel; in jedem Fall blieben die Beine für das Anlaufen, Lenken und Landen frei, und zwar mußte beim Anlaufen gegen den Wind erst die kritische Geschwindigkeit erreicht werden, die zum Tragen des Gewichts nötig war. Das Lenken sowie das Ausgleichen irgendwelcher Seitenwindstörungen wurde durch schnelle Beinbewegungen erzielt.

Die Nachfolger Lilienthals änderten an dieser innigen Verbindung zwischen Mensch und Tragflügel noch nichts, erst die Gebrüder Wright führten mit großem konstruktiven Geschick eine vollständige Trennung der Funktionen des Flugapparates von den Körperbewegungen des Fliegers durch. Bei ihrem Zweidecker ohne Vertikalfläche liegt der Flieger horizontal auf der unteren Fläche; zum Lenken wird ein vorderes Höhensteuer und ein hinteres Seitensteuer benutzt. Für die Entwicklung noch interessant ist das Gleitflugzeug von Wels, das seine äußere Gestaltung dem Samen der Zanonia verdankt; jedoch wurde auch hier noch jede Lenkung durch Körperbewegungen des aufrecht in Fechterstellung auf der Fläche stehenden Fliegers eingeleitet.


Literatur: [1] Lilienthal, Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst, 2. Aufl., München 1911. – [2] Moedebeck, Taschenbuch der Flugtechniker und Luftschiffer, 3. Aufl., Berlin 1911.

Béjeuhr.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 329.
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