Handgranaten [1]

[362] Handgranaten sind seit Mitte des 15. Jahrhunderts bekannt und wurden in großer Zahl bei der Verteidigung von Regensburg 1634 und gegen die Türken vor Wien 1683 verwendet.[362]

Vauban führte die Handgranaten beim Festungsangriff ein. Später wurden sie auch bei der Feldarmee (Grenadiere) gebraucht, mit Vervollkommnung der Handfeuerwaffen jedoch wieder auf den Festungskrieg beschränkt. Vor Sebastopol 1854–56 wendeten sie die Franzosen, die Engländer z.B. noch 1884 im Sudan an. Ihr Gebrauch im Russisch-Japanischen Krieg 1904/05 kann daher nicht als etwas völlig Neues angesehen werden. Die dort mit feldmäßigen Mitteln hergestellten Handgranaten waren teils aus Konservenbüchsen, teils aus Ausbläsern von Schrapnells angefertigt, mit Sprengkörpern (Schießwolle oder Pikrin) gefüllt und mit hölzernem Deckel, Sprengkapsel und einem Stück Guttaperchazündschnur versehen. Die Zündschnur wurde vor dem Werfen in Brand gesetzt. Die Wurfweite betrug etwa 30 m. Von heutigen Vorschlägen sind besonders zu nennen: a) Granate (auch Gewehrgranate) Hale (vgl. Fig. 15). Eine Messinghülse von etwa 3,5 cm Durchmesser und 13,5 cm Länge trägt einen gekerbten Stahlring, der bestimmt ist, kräftige Sprengstücke zu geben. Ein 20 cm langer Schaft aus Messing dient als Handgriff bezw. zum Einsetzen in den Gewehrlauf. Die Granate ist 625 g schwer und enthält 160 g Sprengstoff nebst Aufschlagzünder. Sie kann mit der Hand bis 30 m geworfen und aus dem Gewehr bei etwa 30° Erhöhung bis 150 m, mit besonderer Patrone bis 300 m geschossen werden. Treffähigkeit und Wirkung ist gering, b) Granate Aasen von 0,9 kg Gewicht mit 225 g Sprengstoff. Als Handgranate mit Steuervorrichtung am Handgriff versehen. Wurfweite etwa 40 m. Ihr Zünder wird erst nach etwa 10 m Flug scharf. Sie soll 230 Sprengteile geben, die Garbe eine Breite von 30–40 m haben; auf den Schützen sollen keine Teile zurückfliegen, c) Handgranate der A.-G. vorm. A. Nobel & Co., von Diskusform (vgl. Fig. 6), soll größere Wurfweiten erreichen lassen und bei der Detonation sowohl im Fluge als auch beim Auftreffen nur seitliche Wirkung geben, so daß eine Verletzung des Schützen ausgeschlossen ist. Hergestellt aus zwei kalt genieteten Metallscheiben, die mit Sprengmasse gefüllt sind. Eine Zündschnur ragt mit einem kurzen Zündende heraus, der längere Teil liegt innen und ist infolgedessen vor dem Abreißen geschützt. Auf das Zündende ist Streichholzreibmasse aufgetragen; an jeder Granate befindet sich eine Phosphorreibfläche.[363]


Literatur: [1] Villaret, Die Handgranate, 1908. – [2] Kriegstechn. Zeitschr. 1910, Heft 8 u. 9, und 1912, Heft 6 u. 7. – [3] Artill. Monatshefte 1913, Heft 1. – [4] Zeitschr. f. d. ges. Schieß- und Sprengstoffwesen.

Wille.

Fig. 1., Fig. 2.
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Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 6.
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Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 362-364.
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Faksimiles:
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