[35] Heliostat, ein um zwei Achsen drehbarer Spiegel, der dazu dient, das Licht der Sonne unabhängig von dem veränderlichen Stand der Sonne in konstanter Richtung des Experimentierraumes zu reflektieren.
Beim Handheliostaten, einem vor dem Fensterladen drehbar befestigten Spiegel (vgl. die Beschreibung bei [1]), wird der Zweck in unvollkommener Weise durch von Zeit zu Zeit von Hand wiederholte Veränderungen der Spiegelrichtung erreicht. Beim Uhrheliostat wird durch eine Uhr der Spiegel so gedreht, daß der reflektierte Strahl eine unveränderliche Richtung behält, Man kann zwei Hauptsysteme von Uhrheliostaten unterscheiden; solche, die das Licht in der Richtung der Himmelsachse reflektieren und für die Reflexion in beliebiger Richtung eines zweiten Spiegels bedürfen, und solche, welche das Sonnenlicht mittels eines Spiegels in beliebige feste Richtung senden. Eine mittlere Gattung [2] (August, Littrow) fixiert zwar die Sonnenstrahlen in einer beliebigen Richtung, diese muß aber innerhalb der vom Strahl der Sonne in den nächsten 24 Stunden beschriebenen Kegelfläche liegen, für andre Richtungen ist ebenfalls ein zweiter Spiegel erforderlich.
Zum ersten Hauptsystem gehören die Heliostaten von Fraunhofer, Fahrenheit, Meyerstein, Reusch, zum zweiten die von Foucault, S'Gravesande, Gambey, Silbermann, Joonston, Fueß. Der Gebrauch eines einzigen Spiegels bringt den Vorteil eines geringeren Lichtverlustes durch Reflexion, erfordert aber eine komplizierte Mechanik, bringt den Nachteil einer unter Umständen sehr schiefen Stellung des Spiegels gegen die Strahlen, ein Nachteil, der durch Anwendung eines in Richtung nach der Sonne verlängerten Spiegels nur teilweise ausgeglichen wird. Dagegen wird beim ersten System der Lichtverlust durch Reflexion bei Anwendung von Silberspiegeln auf ein kleines Maß zurückgeführt. Als besonders ausgezeichnet durch die Bequemlichkeit einer scharfen Einstellung ist der in der obigen Figur abgebildete Heliostat nach Reusch zu erwähnen, näher beschrieben in [3]. Ein (beistehend abgebildetes) Diopter dient zur Einstellung. Nachdem mittels Libelle die Stativachse vertikal gestellt, dann der Index des parallaktisch aufgestellten Uhrwerks mit Stundenkreis auf die wahre Zeit eingestellt ist, wird das auf den Stundenkreis aufgesetzte Diopter mit seinen zwei parallelen Fäden nach der Sonne orientiert und nun der untere Spiegel so eingestellt, daß eine im Boden des Dioptergestells gefaßte Linse auf die ihr gegenüberstehende matte Glasscheibe genau in deren Mitte ein Sonnenbildchen entwirft. Nun ist die Einstellung fertig und wird das Dioptergestell abgenommen, worauf man dem Strahl mittels des oberen Spiegels die gewünschte Richtung gibt. Universitätsmechaniker Albrecht in Tübingen liefert den Apparat zum Preise von 350 ℳ. Ueber die Konstruktion, die Preise und die Bezugsquellen der bellen andern Apparate vgl. [1]. Eingehende theoretische Behandlungen der verschiedenen Systeme enthalten [2] und [3].
Literatur: [1] Frick-Lehmann, Physikalische Technik I, 7. Aufl., S. 208 f., Braunschweig 1904. [2] Radau, Zur Theorie der Heliostaten, Carls Repertorium für physikalische Technik II (1867), S. 1 ff. und S. 234 ff. [3] Zech, Ueber Heliostaten, ebend., S. 10 f. und Katalog von Leybolds Nachfolger, Köln.
Aug. Schmidt.
Lueger-1904: Heliostat [2]