Heliostat

[216] Heliostat (v. gr.), ein Apparat, das Sonnenbild stets auf einen u. denselben Punkt fallen zu lassen. a) Gravesands H. besteht in der Hauptsache aus einem Uhrwerke, welches einen Planspiegel von selbst dem Laufe der Sonne folgen läßt. Dieser H., sowie der von Gambey construirte, waren wegen des dabei angewandten Uhrwerks schwierig u. theuer herzustellen, der von Fahrenheit aber machte eine doppelte Reflection der Sonnenstrahlen nothwendig u. schwächte dadurch ihre Intensität, daher sind in neuerer Zeit andere Vorrichtungen angegeben worden. b) Grüels H., nach einem Princip von August. Nachdem eine Achse, welche den ihr parallelen Spiegel trägt, in der Richtung der Weltachse eingestellt u. so gedreht ist, daß der vom Spiegel reflectirte Sonnenstrahl für den beabsichtigten Versuch die gewünschte Richtung (Orientirung des H.) hat, so ist nun die Aufgabe des Instruments, daß sich die Achse gleichförmig in dem Sinne der scheinbaren Bewegung der Sonne mit solcher Geschwindigkeit drehe, daß sie in 24 Stunden eine halbe Umdrehung vollbringt; dann wird die Richtung des reflectirten Sonnenstrahls unverändert dieselbe bleiben. Jene Drehung bewirkt aber Grüels Instrument durch eine Verbindung von drei Rädern mit konischem Getriebe, welche zur Ersparung eines besonderen Uhrwerks durch die Achse des Minutenzeigers einer Cylinderuhr in Bewegung gesetzt werden. Da die Geschwindigkeit der Bewegung auf den 48. Theil zurückgeführt wird u. sich der Kraftgewinn in umgekehrtem Verhältniß vermehrt, so ist auch die schwächste Uhr im Stande, ohne Störung ihres Ganges, den H. zu bewegen. c) Bran des H. Man bringt den Spiegel, durch welchen man den Lichtstrahl. in das dunkle Zimmer leiten will, neben der Öffnung, wo der Lichtstrahl hereindringen soll, an u. gibt ihm mittelst Stellschrauben eine doppelte Bewegung. An dem Fensterladen, in welchem die Öffnung zum Einlassen des Lichtstrahls befindlich ist, wird eine starke viereckige Messingplatte angeschraubt, in deren Mitte ein kreisförmiges Stück von etwa 3 Zoll Durchmesser so ausgeschnitten ist, daß es sich leicht in dem übrigen Theile der Platte drehen läßt. Eine in die Randzähne der Scheibe eingreifende Schraube ohne Ende bewirkt diese Drehung so, daß jene ausgeschnittene Scheibe in ihrer Höhlung jede willkürliche Stellung annehmen kann. Dieses kreisförmige Stück hat in seiner Mitte die Öffnung, welche den Lichtstrahl einlassen soll, u. zwei zu beiden Seiten dieser Öffnung auf der drehbaren Metallscheibe befestigte Säulchen tragen eine Achse, um welche sich ein Planspiegel dreht. Am Ende dieser Achse befindet sich ein gezähntes Rädchen, in welches eine Schraube ohne Ende eingreift, deren Achse durch die Fensterladen hindurch in das Zimmer geführt ist. Während man nun durch die letzte Schraube dem Spiegel jede beliebige Neigung gegen den Fensterladen ertheilen kann, ist es durch den gleichzeitigen Gebrauch der ersteren Stellschraube möglich, bei jedem beliebigen Stande der Sonne den reflectirten Strahl horizontal in das Zimmer zu leiten u. durch leise, aber oft wiederholte Fortrückung beider Schrauben den Sonnenstrahl in einer sehr nahen unverrückten Lage zu erhalten. Dieser H. wird gewöhnlich bei physikalischen Vorlesungen benutzt. d) Silbermanns H. ist mit einem eigens dem Instrumente zugehörigen Uhrwerke versehen, ist aber einfacher als der Gambeysche u. Gravesandsche. Die Büchse, welche das Uhrwerk einschließt, trägt fest mit sich verbunden die Achse PP des Instruments, welche, nachdem man sie durch horizontale Drehung des Fußgestells in die Ebene des Meridians gebracht hat, mit Hülfe eines ebenfalls mit der Büchse fest verbundenen verticalen Kreises nach dem Nordpole zu richten ist. Der Spiegel, welcher den Sonnenstrahl nach einer constanten Richtung reflectiren soll, wird nur in seiner Mittellinie von zwei Gabeln unterstützt, die um einander drehbar sind. Die eine dieser Gabeln wird in die Verlängerung der Linie gebracht, nach welcher der Sonnenstrahl geworfen werden soll, u. der dieselbe tragende Bogen an der Achse PP festgeschraubt. Die andere Gabel muß immer die Richtung nach der Sonne behalten u. daher auf zweierlei Weise beweglich sein: erstens läßt sich nämlich der Kreisbogen, welcher diese Gabel trägt, in verticaler Ebene an einem in[216] der Richtung der Achse PP liegenden Stellbaume auf die gegenwärtige Declination der Sonne stellen; zweitens läßt sich dann der ganze, den Spiegel tragende Apparat um die Achse PP drehen, also in der Ebene des Parallelkreises, den die Sonne gerade im Laufe des Tages beschreibt, u. mittelst eines Zeigers auf die gegenwärtige Stunde des Tages einstellen. Zieht man dann das Uhrwerk auf, so bewegt sich das Instrument auf die entsprechende Weise von selbst weiter. Die Lage des Spiegels selbst wird nun so regulirt, daß die beiden um einander drehbaren Gabeln an zwei vom Drehpunkte gleich weit entfernten Punkten zwei gleich lange Bänder tragen, welche ihren Vereinigungspunkt zu einem Schlitze finden, mit welchem ein ebenfalls an dem Drehungspunkte der Gabeln angebrachter Ständer versehen ist. Auf diesem Ständer endlich steht der Spiegel senkrecht. Wie dann auch die beiden Gabeln gegen einander stehen, so wird der Ständer immer den von ihnen gebildeten Winkel halbiren; er ist aber zugleich das Einfallsloth des Spiegels, u. da die beiden Gabeln die Richtung der Sonnenstrahlen u. resp. die gewünschte Richtung der reflectirten Strahlen besitzen, dieser Winkel aber vom Einfallsloth halbirt wird, so ist die Aufgabe des H-s gelöst.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 216-217.
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