[88] Hodograph von Hamilton. Der Hodograph ist eine Kurve zur übersichtlichen Darstellung der Geschwindigkeits- und Beschleunigungsverhältnisse eines bewegten Punktes.
Trägt man von einem festen Zentrum O aus die Geschwindigkeiten des bewegten Punktes nach Größe und Richtung auf, so bilden die Richtungen derselben einen Kegel und die Endpunkte eine auf dem Kegel liegende Kurve, den Hodograph der Geschwindigkeiten. Werden in gleicher Weise die Beschleunigungen aufgetragen, so entsteht der Hodograph der Beschleunigungen.
Die Erzeugenden des zum Hodographen der Beschleunigungen gehörigen Kegels sind parallel den Tangenten des Hodographen der Geschwindigkeiten. Die Schmiegungsebenen der Bahn sind parallel den Tangentialebenen des Hodographen der Geschwindigkeiten. Für eine ebene Bewegung ist der Hodograph eine ebene Kurve. Für die Newtonsche Zentralbewegung ist der Hodograph der Geschwindigkeiten ein Kreis. Ist M der bewegliche Punkt, dessen Beschleunigung fortwährend durch einen festen Punkt F geht (s. die Figur), F P das Perpendikel p, das vom Zentrum F auf die Tangente der Bahn gefällt werden kann, so gilt für jede Zentralbewegung der Satz, daß die Bahn von M eine ebene Kurve und das Moment der Geschwindigkeit v in bezug auf das Zentrum F konstant ist, v p = C. Beschreibt man daher um F mit √C als Radius einen Kreis und sucht in bezug auf ihn den Pol Q der Tangente in M, so wird F P ∙ F Q = C und es stellt F Q die Geschwindigkeit v von M nach Größe dar, aber von einer Richtung, die mit der Richtung von v einen rechten Winkel bildet. Während die Tangente P M über die Bahn von M läuft, beschreibt daher Q den Hodographen, um 90° gedreht. Beide Kurven sind in bezug auf den Kreis Polarkurven zueinander. Die Tangente des Hodographen hat für die richtige Lage dieses die Richtung der Beschleunigung; hier steht sie also senkrecht auf der Beschleunigung, und da diese die Richtung M F hat, so ist die Tangente des Hodographen in Q das Perpendikel Q P', das von Q auf M F gefällt werden kann. Setzt man F M = r, F Q = r', F P' = p', so besteht wegen der antiparallelen Lage der Tangenten der Kurven M und Q gegen F M und F P die Gleichung p r' = p' r. Die Tangente Q P' des Hodographen steht senkrecht auf F M und bildet daher mit der folgenden Tangente desselben den unendlich kleinen Winkel d ϑ, den FM mit dem folgenden Radiusvektor bildet. Es ist also d ϑ der Kontingenzwinkel des Hodographen, und wenn d s' dessen Bogenelement bezeichnet, so besteht für den Krümmungshalbmesser ρ' des Hodographen die Gleichung ρ' d ϑ = d s'. Es ist aber d s' gleich der Elementarbeschleunigung φ d t, daher wird φ d t = d s' = ρ' d ϑ und weiter liefert das unendlich kleine Dreieck zwischen F M, dem folgenden Radiusvektor und dem Bogenelemente der Kurve M die Gleichung 1/2r · r d ϑ = p v d t, d.h. r2 d ϑ/d t = p v = C, und hiermit erhält man φ = C/r2ρ' = p v/r2ρ', woraus der Krümmungshalbmesser ρ' des Hodographen folgt ρ' = φ r2/C. Dieser ist also konstant, der Hodograph demzufolge ein Kreis. Je nachdem der Punkt F innerhalb des Kreises auf demselben oder außerhalb gelegen ist, hat man den Fall der elliptischen, parabolischen oder hyperbolischen Planetenbewegung.
Literatur: [1] Hamilton, W.R., Elements of quaternions, London 1866, S. 718. [2] Schell, Theorie der Bewegung und der Kräfte, Leipzig 1879, Bd. 1, S. 192 und 386.
(Schell) Finsterwalder.
Hodograph und Hodometer (in der Geodäsie) dienen zur Messung von Wegelängen durch Zählen bezw. Registrieren der Umdrehung von Rädern mit bekanntem Umfang durch Zähl- bezw. Registrierapparate. Die Umdrehung von Rädern ist schon im Altertum (Vitruv) und bei den ersten Gradmessungsversuchen (Fernel, s. Erde) zur Entfernungsbestimmung benutzt worden. Praktisch wird zurzeit diese Methode im allgemeinen nicht angewendet, nur für spezielle geodätische Zwecke findet das Prinzip Verwendung beim Meßrad (s.d.) und neuerdings bei automatischen Meßinstrumenten (Ferguson, Automatic surveying instruments); s. Routenaufnahmen; vgl. a. Schrittzähler (Pedometer, Passometer).
Reinhertz.