Indigokarmin

[171] Indigokarmin (Indigokomposition, Indigoextrakt, Indigotin, löslicher Indigo, Sächsischblau u.s.w.) sind Bezeichnungen für mehr oder weniger reines, indigblaudisulfosaures Natrium in fester Form oder teigartiger Beschaffenheit.

Bei der Vereinigung von Indigblau mit konzentrierter Schwefelsäure bildet sich je nach der Dauer der Einwirkung, der Konzentration der Schwefelsäure und der Temperatur des Reaktionsgemisches eine in Wasser wenig lösliche Monosulfosäure, die Phönicinschwefelsäure (Indigmonosulfosäure, Indigpurpur) C16H9N2O2 HSO3, und eine in Wasser leicht lösliche Disulfosäure, die Coerulinschwefelsäure (Indigdisulfosäure, Indigblauschwefelsäure) C16H8N2O2 · (HSO3)2. Letztere entsteht ausschließlich bei kurzem Erwärmen von 1 Teil pulverisiertem Indigblau mit 5–10 Teilen Schwefelsäuremonohydrat auf 90°. Sie kann auch synthetisch durch Behandeln von Phenylglycin mit hochprozentiger rauchender [171] Schwefelsäure erhalten werden (Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 24, S. 1476). Aus der mit Wasser verdünnten blauen Lösung wird sie durch gesättigte Kochsalzlösung als Natriumsalz gefällt, aus dem durch Ueberführung in das unlösliche Bleisalz, Zersetzen des letzteren mit Schwefelwasserstoff und Eindampfen der vom Schwefelblei befreiten Lösung die Indigblaudisulfosäure als eine amorphe, blaue, hygroskopische Masse isoliert werden kann. Sie bildet mit Alkalien und kohlensauren Alkalien Salze, die in Wasser leicht, in gesättigter Kochsalzlösung aber unlöslich sind. Die freie Säure sowohl wie diese Salze finden unter vorstehenden Bezeichnungen eine ausgedehnte Anwendung in der Woll- und Seidenfärberei.

Das mit Wasser verdünnte Einwirkungsprodukt von Schwefelsäure auf gemahlenen Indigo wurde früher als Sächsischblau vielfach zum Färben verwendet. Der durch Kochsalz aus dieser Lösung als Natriumsalz gefällte filtrierte, mit Kochsalzlösung gewaschene und eventuell gepreßte Farbstoff ist als Indigoextrakt Handelsprodukt. Indigokarmin ist aus sehr reinem, raffiniertem Indigo dargestellter getrockneter und gemahlener Indigoextrakt. Die reinste Sorte, die sich vollständig in Wasser lösen und von Begleitfarbstoffen frei sein muß, führt den Namen Indigotin.

R. Möhlau.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 171-172.
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