Inversionen [1]

[388] Inversionen der Temperatur der Luft, d.h. plötzliche Aenderungen des vertikalen Temperaturgefälles in der Atmosphäre, werden in verschiedenen Höhen derselben beobachtet.

In klaren Nächten und im Winter, wenn sich der Boden durch Strahlung schnell abkühlt und die Luft, deren Temperatur im allgemeinen durch die des Erdbodens bestimmt wird, wärmer ist als dieser, findet sich eine Inversion der Lufttemperatur vorzugsweise zwischen 200 und 1000 m Höhe, sie vermag aber auch bis zu 3000 m emporzusteigen [1]. Die oberen Flächen von Wolken können ähnliche Wirkungen ausüben.

In einer Höhe von ca. 31 km hört in mittleren Breiten mit etwa – 56° [2] die Abnahme der Lufttemperatur, die bis dahin ca. 0,6° für je 100 m Höhenunterschied betragen hat, plötzlich auf, um in Konstanz oder sogar eine kleine Zunahme überzugehen. Zugleich ändert sich innerhalb geringer Höhendifferenzen Windgeschwindigkeit (sie wird geringer [3]) und -richtung. Man[388] bezeichnet diese Schicht, deren Existenz durch zahlreiche Registrierballonaufstiege nachgewiesen und untersucht worden ist, als die obere Inversion [4], die darüberliegenden Teile nach Teisserenc de Bort als Stratosphäre, den unteren als Troposphäre. In Hochdruckgebieten liegt die isotherme Schicht ca. 1,7 km höher und ist um etwa 5° kälter als in den Tiefdruckgebieten. Ferner ändert sich ihre Höhe mit der geographischen Breite, indem sie von 9 km an den Polen bis zu ca. 17 km am Aequator ansteigt [5].

Das Bestehen der isothermen Schicht, die sich sicher bis über 30 km Höhe erstreckt, ist auf das Strahlungsgleichgewicht der Luftmassen gegen die warme Erde und den kalten Weltenraum zurückzuführen. Die Bewegung in ihr gehört der großen Strömung an, die die am Aequator aufsteigende erwärmte Luft auf wirb eiförmigen Bahnen zu den Polen abfließen läßt.


Literatur: [1] R. Aßmann, Berl. Sitzungsber. 1903, S. 298. – [2] A. Wagner, Temperatur der höheren Luftschichten, Beitr. z. Phys.d. fr. Atm. 3, 56, 1910. – [3] v. Bassus, Beitr. z. Phys.d. fr. Atm. 2, Heft 3. – [4] L. Teisserenc de Bort, Annuaire Soc. Met. de France 50, 49, 1902; R. Aßmann, Berl. Sitzungsber. 1902, S. 495. – [5] Hergesell, Beitr. z. Phys.d. fr. Atm. 2, S. 96; Berson, Petermanns Geogr. Mitteil. 1909, S. 46. – [6] A. Schmauß, Die obere Inversion, Meteorol. Zeitschr. 26, 241, 1909.

R. Ambronn.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 388-389.
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