[215] Isolationswiderstand, der Widerstand, den die Isolation (s. Isolator und Leitungen, elektrische) einer elektrischen Leitung dem schädlichen Abfließen des Stromes in die Unterlage (Erdschluß) oder in die andre Leitung entgegensetzt.
Erstreckt sich ein solcher Erdschluß nur auf eine Stelle der positiven oder negativen Leitung allein, so ist er zwar zunächst ohne wesentliche Bedeutung; es tritt jedoch sofort ein Stromverlust ein, sobald auch die Isolation einer zweiten Stelle derselben Leitung oder der andern Leitung nachläßt. Aus diesem Grunde muß jede im Betriebe befindliche elektrische Leitung von Zeit zu Zeit in den Betriebspausen einer Isolationsprüfung nach den üblichen Widerstandsmeßmethoden unterworfen werden [3], [4], während beim Betriebe selbst ein sogenannter Erdschlußanzeiger, welcher sich gewöhnlich dauernd am Schaltbrett befindet, die auftretenden Isolationsfehler angibt. Das Prinzip desselben ist folgendes: Zwei Glühlampen a und b (Fig. 1), welche die Betriebsspannung besitzen, sind hintereinander zwischen die positive und negative Hauptleitung geschaltet, während ein Punkt zwischen ihnen mit der Erde (Gas- oder Wasserrohr) durch den Draht c verbunden ist. Auf diese Weise brennt jede Lampe nur mit der halben ihr zukommenden Spannung, d.h. ihr Faden leuchtet nur dunkelrot, und erst, wenn durch einen Erdschluß in einer der Leitungen, z.B. in der positiven, eine Verbindung d mit dem Leiter c hergestellt ist, wird die eine Lampe, in diesem Falle b, heller brennen als die andre, weil ihr der Strom jetzt auch über d und c zufließt. Aus der Helligkeitsdifferenz kann man ungefähr auf die Größe des Erdschlusses schließen. Eine andre Methode zur Nachweisung des Erdschlusses mit nur einer Glühlampe zeigt Fig. 2. Die Glühlampe a ist durch den Draht c wieder mit der Erde in Verbindung, während sie mittels der Kurbel k an die Punkte e und f der beiden Hauptleitungen[215] angelegt werden kann. Ist kein Erdschluß vorhanden, so bleibt die Lampe a beim Anlegen der Kurbel an e oder f dunkel; kommt sie jedoch hierbei, z.B. durch Anlegen der Kurbel an die negative Leitung (f), zum Brennen, so wird dadurch angezeigt, daß die positive Leitung einen Erdschluß d besitzt, der dann sofort aufgesucht und abgestellt werden muß. Verwendet man an Stelle der Glühlampe ein Galvanometer, so kann auch sofort die Größe des noch vorhandenen Isolationswiderstandes bestimmt werden.
Sobald mittels dieser Methode ein Erdschluß festgestellt ist, findet man die genaue Lage (b in Fig. 3) desselben auf folgende Weise. Die eine Klemme der Sekundärspule S eines kleinen Induktionsapparates wird mit der fehlerhaften Leitung an einem Punkte (a) verbunden, während die andre Klemme an Erde (E) gelegt wird. Der Induktionsstrom (s. Induktion) verläuft dann über a, b, c, d. Führt man jetzt eine halbkreisförmige Spule V (mit vielen Windungen seinen Drahtes bewickelt), in deren Stromkreis ein Telephon T eingeschaltet ist, mit der flachen Seite an der fehlerhaften Leitung entlang, so tönt das Telephon auf der Strecke a, b, da der in a, b verlaufende Induktionsstrom induzierend auf die Spulenwindungen wirkt, schweigt aber sofort beim Ueberschreiten der fehlerhaften Stelle b, da weiterhin in b, e kein Induktionsstrom mehr fließt. Für Zentralstationen hat man mit Hilfe der Prüfdrähte (s. Leitungen, elektrische), selbsttätige Meldungsvorrichtungen von Isolationsfehlern eingerichtet [5]. Bezüglich der Größe des Isolationswiderstandes hat der »Verband deutscher Elektrotechniker« folgende Bestimmungen erlassen [1]. Bei Niederspannungsanlagen, das sind solche, bei denen die Spannung zwischen einem Leiter und Erde 250 Volt nicht überschreitet, soll der Isolationszustand derart sein, daß der Stromverlust auf jeder Teilstrecke ein Milliampère nicht überschreitet. Der Isolationswert einer solchen Leitungsstrecke muß hiernach wenigstens betragen: 1000 Ohm multipliziert mit der Voltzahl der Betriebsspannung, z.B. 220000 Ohm für 220 Volt Betriebsspannung. Der Isolationswiderstand von Freileitungen muß bei feuchtem Wetter mindestens 20000 Ohm für das Kilometer einfacher Länge betragen. Bei Hochspannungsanlagen, das sind solche, bei denen die Spannung zwischen einer Leitung und Erde mehr als 250 Volt beträgt, soll der Isolationszustand derart sein, daß jede Teilstrecke (z.B. zwischen zwei Sicherungen) bei 250 Volt mindestens 250000 Ohm, bei 500 Volt mindestens 375000 Ohm, bei 1000 Volt mindestens 480000 Ohm hat. Von 1000 Volt ab soll der Widerstand mindestens 500 Ohm für das Volt betragen. Bei Hochspannungsfreileitungen werden bei feuchtem Wetter mindestens 80 Ohm für das Volt und den Kilometer einfacher Länge verlangt, im ganzen jedoch höchstens 11/2 Millionen Ohm.
Literatur: [1] Sicherheitsvorschriften des Verbandes deutscher Elektrotechniker, Berlin 1903. [2] Heim, Beleuchtungsanlagen, Leipzig 1903. [3] Holzt, Schule des Elektrotechnikers, Leipzig 1903. [4] Grawinkel u. Strecker, Hilfsbuch für die Elektrotechnik, Berlin 1900. [5] Elektrotechnische Zeitschrift, Berlin 1893.
Holzt.
Lueger-1904: Isolationswiderstand [2]