Kapselwerke

[379] Kapselwerke sind Mechanismen mit Gehäuse, in dem dicht schließend Räder, Walzen, Kolben u.s.w. sich bewegen, die als Pumpen, Wassermesser, Motoren, Ventilatoren und Gebläse verwendet werden. Die Kapselwerke lassen sich hauptsächlich in zwei Gruppen teilen: Kapselräderwerke oder kurz Kapselräder genannt, und Kurbelkapselwerke. Diese Benennungen stammen von Reuleaux [1], der die Kapselwerke zuerst eingehend analysiert hat.

Die Kapselräderwerke sind, wie die schematische Fig. 1 im Durchschnitt zeigt, zwei ohne Spielraum richtig ineinander greifende Zahnräder (Stirnräder), dicht umschlossen von einer Kapsel, an der sich zu beiden Seiten des Zahneingriffes Röhren befinden. Die Zahnformen sind in der Praxis in mannigfaltiger Gestaltung ausgeführt und nicht immer geeignet, die Bewegung von dem einen Zahnrade auf das andre zu übertragen; es werden deshalb zu diesem Zweck außerhalb der Kapsel auf den Achsen Φ, F zwei Zahnräder angebracht, welche die entsprechende Bewegung der beiden Räder in der Kapsel bewirken. Wenn das untere Rohr in einem mit Wasser gefüllten Behälter steht, wird während der Drehung der Räder in den Pfeilrichtungen[379] das Wasser durch die Zahnlücken an den zylindrischen Wandungen der Kapsel entlang in das obere Rohr getrieben; denn die beständig schließende Berührung der Zähne sowie die dicht an den Rädern anliegenden Zylinderflächen und die ebenen beiderseitigen Deckelflächen der Kapsel verhindern das Zurückfließen des Wassers. In dieser Weise kann die Vorrichtung als Pumpe dienen. Wird dagegen das Wasser durch Druck in diese Maschine getrieben, dann kann dieselbe auch als Motor wirken. Nach Anbringung eines Zählapparates, der die Umdrehungen der Räder zählt, hat man diese Maschine in andrer Ausführung auch als Wassermesser brauchbar erachtet.

In Fig. 1 ist das Pappenheimsche Kapselräderwerk [2] mit sechszähnigen Rädern Φ x, Fk im Durchschnitt dargestellt, welches als Urbild aller späteren mannigfach gestalteten Maschinen dieser Art betrachtet werden kann. Der Zahnkopf k ist von einem Kreisbogen umgrenzt und an diesen schließt sich die Vertiefung, die von einem Stück k' der Aequidistante einer Epicykloide gebildet wird und dem Zahnkopf x' entsprechend genau konstruiert sein muß, so daß die Zähne in beständiger Berührung bleiben. Der Berührungspunkt P der Zahnkurven k k', x x' bewegt sich auf einer schleifenförmigen Kurve e, e' und die beiden Kreise p, π rollen aufeinander. Die genaue Konstruktion der vollständigen Zahnkurven lehrt die Kinematik [3].

In Fig. 2 ist ein Kapselräderwerk, der Rootsche Ventilator, im Durchschnitt schematisch gezeichnet. Bei diesem ist jedes der Zahnräder Φ x, Fk mit zwei Zähnen versehen, die ebenso, wie in Fig. 1, kreisförmigen Zahnkopf besitzen. Dem Zahnkopf k entspricht ein Stück x der Aequidistante einer Epicykloide. Der Berührungspunkt P der Zahnkurven durchläuft die schleifenförmige Kurve e e'. Diese Zahnräder sind zur Uebertragung der Bewegung nicht geeignet und demnach wird die Drehung durch zwei außerhalb der Kapsel auf den Achsen Φ, F angebrachte gleiche Zahnräder bewirkt. Dieses nach Root [4] benannte Kapselräderwerk wird in großen Dimensionen ausgeführt, als Ventilator bei Bergwerken zur Grubenlüftung vielfach verwendet; es wurde jedoch längere Zeit vor Root von Lecocq [5] als rotierende Pumpe mit zweizähnigen und auch mit dreizähnigen Rädern ausgeführt.

In Fig. 3 ist das als Repsoldsche Pumpe bekannte Kapselwerk in theoretischer Ausführung dargestellt [6]. Jedes der Zahnräder Φ x, Fk ist bei dieser Anordnung nur mit einem Zahn versehen. Die symmetrische Zahnkurve des Rades Φ x ist gebildet aus den Aequidistantenstücken x, x1, den beiden Kreisbögen x' x1' und den um Φ beschriebenen Kreisbögen x2, x3. In gleicher Weise ist die Zahnkurve des Rades Fk gebildet. Die Bewegung wird durch zwei außerhalb der Kapsel auf die Achsen Φ, F gesetzte gleiche Zahnräder bewirkt. Es tritt x mit k, x' mit k', x2 mit k2 u.s.w. in Berührung. Der Berührungspunkt P durchläuft die schleifenförmige Kurve e e'. Bei der praktischen Ausführung der Repsoldschen Pumpe sind die Räder mit einer besonderen Dichtung versehen [6]. Es sind hier in drei Beispielen die Zahnkurven aus Kreisbögen und entsprechenden Aequidistanten von Epicykloiden gebildet. Die Zahnkurven treten in mannigfaltiger Gestaltung bei den Kapselräderwerken auf, bestehend aus Epicykloiden, Hypocykloiden, Kreisevolventen [7].

Die Kurbelkapselwerke sind nach Reuleaux Kurbelgetriebe, bei denen »die Glieder so gestaltet sind, daß sie die zur Bergung und Bewegung der Flüssigkeit geeigneten Formen von Kapsel und Kolben an sich tragen«, und sie werden als Pumpen, Motoren, Ventilator und Gebläse verwendet.

In Fig. 4 ist ein Kurbelkapselwerk, der Lemiellesche Ventilator [8], schematisch im Durchschnitt dargestellt. Die Kapsel, welche mit zwei Kanälen versehen ist, enthält vier Kurbelgetriebe, von denen das eine mit Φ F L Λ bezeichnet ist. Das trommelförmige Glied Φ F dreht[380] sich um die feste Achse Φ und bildet die treibende Kurbel. Der Arm Λ L, der durch einen Einschnitt in der Trommel hindurch geht, dreht sich um die feste Achse Λ. Diese Kurbel und dieser Arm sind durch ein gebogenes schaufelförmiges Glied FL gelenkig verbunden, und dieses Glied dient als Flügel. In gleicher Weise sind die andern drei Kurbelgetriebe gestaltet. Bei Drehung der trommelförmigen Kurbel Φ F in der Richtung des Pfeiles p wird die Luft, wie die andern Pfeile zeigen, von dem unteren Kanal nach dem oberen Kanal getrieben. Dieser Ventilator ist in der Praxis mit sechs Kurbelgetrieben ausgeführt [8].

In Fig. 5 ist das P. Kirchhoff patentierte Kurbelkapselwerk, welches Oldhamscher Ventilator genannt wird, schematisch im Durchschnitt dargestellt [9]. Das Getriebe ist bei dieser Anordnung ein gleichschenkliges Schleifkurbelgetriebe. Durch die treibende Kurbel Φ F, die sich um die feste Achse Φ dreht und in F drehbar mit dem über den festen Zapfen Λ gleitenden Schleifenglied AB verbunden ist, wird dieses Schleifenglied in Bewegung versetzt. Die Wandung der Kapsel ist so geformt, daß die Enden A B des Schleifengliedes die Wandung berühren und die schaufelförmigen Teile a, b an der Stelle δ der Wandung anschließend, entlang gleiten. Durch Drehung der Kurbel in der Pfeilrichtung wird durch das mit den Schaufeln a, b versehene Schleifenglied A B die Luft von dem Eintrittsrohr R nach dem Austrittsrohr U getrieben. Um die hierdurch hervorgebrachte Ungleichförmigkeit der Luftströmung zu mildern, ist es notwendig, zwei solche Ventilatoren mit gemeinsamer Kurbelwelle nebeneinander zu stellen, so daß die beiden Kurbelzapfen sich gegenüberstehen. – Dasselbe Getriebe ist in entsprechender Umgestaltung von L. Taverdon [10] in Form eines Kurbelkapselwerkes als rotierende Pumpe oder Motor verwendet, wie Fig. 6 in schematischer Darstellung zeigt. Das Schleifenglied dreht sich in dem zylindrischen Gehäuse um die feste Achse Λ; in diesem Schleifengliede gleitet der mit der Kurbel Φ F drehbar verbundene Schieber S, der hier den Pumpkolben vertritt. Durch Drehung der Kurbel in der Pfeilrichtung wird das Schleifenglied in Bewegung versetzt und der Schieber oder Kolben S in demselben verschoben. Dem Kolben folgt das Wasser, vom Einflußrohre R kommend, nach, und gleichzeitig treibt dieser das vor ihm befindliche Wasser nach dem Ausflußrohr U. Bei der praktischen Ausführung muß die Kurbel Φ F verhältnismäßig kurz sein und die Kolbenlänge so groß genommen werden, daß seine Endfläche den von F beschriebenen Kreis nicht erreicht, damit der Raum, in welchem die Kurbel rotiert, stets von dem Räume, in welchem das Wasser dem Kolben folgt, abgeschlossen ist. Das Schleifenglied wird ferner von derselben Triebwelle Φ durch die Kurbel Φ F' getrieben, die der Kurbel Φ F gegenübergestellt ist; und in dem hinteren Schlitz, der zu dem ersten Schlitz senkrecht ist, wird der Schieber S' als Pumpkolben hin und her bewegt. Dieses Kurbelkapselwerk kann auch als Motor verwendet werden, wenn das Wasser bezw. der Dampf in eine der beiden Röhren treibend einströmt.


Literatur: [1] Reuleaux, Theoretische Kinematik, Braunschweig 1875, S. 343 u. 390. – [2] Leupold, Schauplatz der Wasserkünste, Bd. 1, S. 123, Leipzig 1724; und hierüber weitere Literatur in Burmester, Lehrbuch der Kinematik, Bd. 1, Leipzig 1888, S. 229. – [3] Ebend., a.a.O. – [4] Spezifikation, Nr. 1333, vom 9. Mai 1866; Engineer 1867, Aug., S. 146; Praktischer Maschinenkonstrukteur 1870, Bd. 3, S. 341, Taf. 88; Hauer, J. v., Die Hüttenwesenmaschinen, Wien 1876, S. 208. – [5] Description des machines, Paris 1843, Taf. 47, S. 428; Brevets, 14. août et oct. 1832. – [6] Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen 1844, S. 208. – [7] Burmester, Lehrbuch der Kinematik, Leipzig 1888, Bd. 1, 4. Abschn. enthält ausführliche Konstruktionen der verschiedenen Kapselräder. – [8] Der Civilingenieur, 1854, Bd. 1, S. 83; Dinglers Polyt. Journ., 1858, Bd. 150, S. 194. – [9] D.R.P. Nr. 10796 vom 19. Febr. 1880 und Nr. 8689 vom 23. Aug. 1879. – [10] D.R.P. Nr. 10382 vom 6. April 1879.

Burmester.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 379-381.
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