Maschine [1]

[308] Maschine wird begrifflich in verschiedener Weise aufgefaßt.

Die Definition hat dadurch eine gewisse Bedeutung erlangt, daß Maschinen und Betriebsvorrichtungen für den Musterschutz außer Betracht bleiben, indem die als Gebrauchsmuster zu schützenden Neuerungen als solche an Gerätschaften für Arbeitszwecke oder an Gegenständen des Gebrauchs charakterisiert sind [1]. Die Abtrennung ist indessen schwer durchführbar.

Das amtliche »Warenverzeichnis zum Zolltarife« [2] gibt folgende Begriffsbestimmung: »Maschinen sind aus festen und beweglichen Teilen bestehende Vorrichtungen, bei denen die beweglichen Teile durch eingeleitete Kraft (Menschenkraft, tierische Kraft, Winddruck, Wasserdruck, Spannung von Dämpfen oder Gasen, Elektrizität oder dergl.) in vorgeschriebenen Bahnen und in regelmäßiger Wiederkehr bewegt werden. Die eingeleitete Kraft wird entweder in eine drehende oder hin und her gehende, technisch nutzbare Bewegung oder mittelbar in nutzbringende Kraftwirkungen oder in Wärmemengen umgesetzt und dadurch wieder ausgeleitet. Zu den Maschinen der ersten Art – den Kraftmaschinen – gehören beispielsweise Göpelwerke ..., zu den Maschinen der letzteren Art – den ArbeitsmaschinenPumpen ... Die nutzbare [308] Bewegung oder die nutzbringende Kraftleistung muß der Hauptzweck der Vorrichtung sein. Vorrichtungen, bei denen dies nicht zutrifft, z.B. Bleichholländer, Maischbottiche, Rösttrommeln, rotierende Röstöfen, Siebtrommeln, Trockenmaschinen, sind nicht als Maschinen anzusehen.« Unter den Maschinen werden aufgeführt: Dampflokomotiven, Dampflokomobilen, die verschiedenen Kraftmaschinen (mit Ausnahme der Elektromotoren, die zu den elektrotechnischen Erzeugnissen gehören), Bagger, Rammen, Krane (während Winden und sonstige fortschaffbare Hebezeuge sowie Dampfkessel unter Eisen eingereiht sind), Textil- und Müllereimaschinen, Feuerspritzen, Pumpen, Werkzeugmaschinen, Pflüge für Kraftbetrieb und alle nicht besonders genannten Maschinen. Dagegen bilden Elektrisier-, Schreibmaschinen u. dergl. mit Zählwerken, Maschinenmodellen u.s.w. eine besondere Gruppe unter Waren aus unedeln Metallen. Motorwagen und Fahrräder gehören zu Fahrzeugen. Uhren, Spielwerke und Feuerwaffen stehen in einem besonderen Abschnitt.

Reuleaux [3] führt 16 frühere Definitionen an und gibt selbst die folgende: »Eine Maschine ist eine Verbindung von widerstandsfähigen Körpern, welche so eingerichtet ist, daß mittels ihrer mechanische Naturkräfte genötigt werden können, unter bestimmten Bewegungen zu wirken.« Reuleaux will auch Uhren, Wagen, Teleskope u.s.w. unter den Begriff Maschine gestellt wissen. Th. Beck [4] empfiehlt die Fassung: »Eine Maschine ist eine künstliche Verbindung widerstandsfähiger Körper, welche zur Verrichtung einer bestimmten mechanisch-technischen Arbeit dient und zu diesem Zwecke so eingerichtet ist, daß durch sie mechanische Kräfte genötigt werden können, unter bestimmten Bewegungen zu wirken.« E. v. Hoyer [5] sagt, »daß eine Maschine zu erklären ist: als eine Verbindung von Körpern, welche mit bestimmter gegenseitiger Beweglichkeit ausgestattet sind und durch Aufnahme motorischer Kraft zu bestimmten mechanischen Arbeitsleistungen befähigt werden«. In den drei letzten Erklärungen ist noch anzunehmen, daß die gegenseitige Bewegung der Teile im Betriebe wirklich stattfindet, so daß also Geräte, wie Hobel, Schlittschuhe, mit beweglichen Teilen, deren Verbindung sich als Ganzes bewegt, ausgeschlossen werden. – Durch das Merkmal der Leistung einer Arbeit wird die Maschine vom Spielzeug öder Sportsgegenstand unterschieden. Die mechanisch-technische oder gewerbliche Arbeit im Gegensatz zu häuslicher Tätigkeit trennt ferner die Maschine vom Hausgeräte ab, so daß z.B. eine Glockenmühle als Farbenreibmaschine derselben Glockenmühle als Kaffeemühle, einem Hausgerät, gegenübersteht; ebenso fallen hiermit Türschlösser, Kopierpressen u. v. a. heraus. Auch die regelmäßige Wiederholung der Bewegungen ist für die Maschine mitbestimmend, wodurch willkürlich betätigte und bewegte Apparate, Instrumente, Fahrzeuge u. dergl. ausgeschlossen werden. Kurz zusammengefaßt kommt man zu der Bestimmung der Maschine als einer Verbindung mehrfacher Glieder, die sich unter der dauernd gleichartigen Wirkung einer Kraft gegenseitig in regelmäßiger Wiederkehr bewegen und eine technisch nutzbare Arbeit leisten (indem sie Kraftwirkungen unter bestimmten Bewegungen ausüben).

Die Mechanik behandelt gewohnheitsgemäß, aber unzutreffend als einfache Maschinen: Hebel, Rolle, Wellrad, schiefe Ebene, Keil, Schraube. Sie bilden einzelne Elemente der Maschinen. Man unterscheidet Kraft-, Zwischen- und Arbeitsmaschinen [6], auch Meß- oder Zustandsmaschinen. Die Kraftmaschinen oder Motoren werden zurzeit von der wissenschaftlichen Behandlung besonders bevorzugt. Die Zwischenmaschinen, d.h. Triebwerke oder Transmissionen, werden in dem Lehrgebiet der Maschinenelemente eingehend behandelt. Zustandsmaschinen nennt v. Hoyer die Meßapparate, insbesondere die des Maschineningenieurs. Die Arbeitsmaschinen lassen sich nach gewissen Gesichtspunkten ihrer Wirkungsart, so hauptsächlich in orts- und formändernde ordnen, ohne scharfe Grenze, z.B. bezüglich der Zerkleinerungs- und Siebmaschinen. – Es ist besonders die Entwicklung der Arbeitsmaschinen die Grundlage für das Aufblühen der modernen Industrie. Das Streben geht dabei im ganzen dahin, die Arbeit, nachdem sie so weit geteilt ist, daß die einzelnen Arbeitsverfahren nur noch Kraftanstrengung beanspruchen, dem Menschen abzunehmen und einer Maschine zu übertragen. Dabei sind schwingende Arbeitsbewegungen (wie beim Hobeln, Nähen) möglichst in rotierende zu verwandeln. Nach und nach vereinigt man wieder die einzelnen Arbeitsverfahren in kombinierten, automatisch wirkenden Maschinen, deren Gang der Arbeiter nur zu überwachen hat. Diese Maschine arbeitet, mit der jeweils erforderlichen Kraft ausgerüstet, intensiver, schneller und gleichmäßiger, als es dem Menschen möglich wäre.


Literatur: [1] Gesetz, betr. den Schutz von Gebrauchsmustern, vom 1. Juni 1891, Begründung zu § 1; Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1896, S. 679 ff. – [2] Warenverzeichnis zum Zolltarife, Berlin 1906, S. 446. – [3] Reuleaux, Theoretische Kinematik, Braunschweig 1875. – [4] Der Civilingenieur, Bd. 23, 4. und 5., sowie 7. und 8. Heft; vgl. ferner Bd. 24, 6. Heft. – [5] v. Hoyer, E., Handbuch der Maschinenkunde, München 1898, S. 1. – [6] Weisbach-Herrmann, Ingenieur- und Maschinenmechanik, Braunschweig, 2. Teil, 2. Abt. Kraftmaschinen; III, I Zwischenmasch.; III, II orts-; III, III formänd. Masch.

Lindner.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 308-309.
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