Kreide [1]

[683] Kreide, kohlensaurer Kalk von weißer Farbe, feinerdig und locker, abfärbend, findet sich als ein wesentlicher Bestandteil der sogenannten Kreideformation.

Diese Kreide wird durch Graben gewonnen, in Haufen aufgeschichtet und der Einwirkung der Witterung ausgesetzt, so daß der anfänglich harte Stein nach und nach verwittert und durch abwechselndes Beregnen, Trocknen, namentlich aber durch Frost in ein Pulver und in eine in Wasser erweichbare Masse zerfällt. In diesem zerfallenen mürben Zustande werden die größeren Feuersteine ausgelesen, der Reit aber als rohe Kreide oder Kreidestücke (Stückkreide) in den Handel gebracht oder weiter durch Stampfen unter Zugabe von fließendem Wasser zerstoßen und in große Bassins geleitet, in denen sich die Kreide absetzt, während die gröberen und schweren Teile sich schon früher in eignen Gruben abgesondert und gesammelt haben; das Kreidepulver wird dann, nachdem das Wasser abgelassen, gesammelt, in großen Stücken auf Brettern an der Luft getrocknet und hierauf vermählen. Ein neueres Verfahren der Gewinnung feinpulveriger Kreide, wobei solche ganz trocken resultiert, besteht im Abbürsten der Blöcke; das erhaltene Produkt führt die Bezeichnung »gestäubte Kreide«.

Neben diesem der Kreideformation entflammenden Produkt, das als Farbmaterial unter den verschiedensten Benennungen: Bergkreide, Blanc de Bougival, de Champagne, d'Espagne, de Meudon, d'Orléans, de Paris, de Rouen, de Troyes, Breslauerkreide, Champagnerkreide, Hochheimerweiß, Kölnerkreide, Melan-, Minerva-, Mineral-, Mühlhausenerweiß, Pariserkreide, präparierte Kreide, Schlämmkreide, spanische Kreide (Spanischweiß), Rügener Schlämmkreide in verschiedenen Industrien, dann auch als Schreibkreide (geschnittene Kreide) dient, gibt es noch andre als Kreide bezeichnete Mineralien, die unter dem Mikroskop die der eigentlichen Kreide zukommenden Bestandteile nicht zeigen. So wird in Gegenden, wo Kreide mangelt oder wegen[683] der Transportkosten zu teuer würde, Kalkspat in seiner reineren Form als Kreide verwendet, wie z.B. in Motele in Schweden (Motelekreide), und in England versteht man unter Pariserweiß (Paris White) ebenfalls gemahlenen Kalkspat, während die als Bergkreide (Bierkreide, graue Kreide) aus Bayern kommende Ware eine mehr oder weniger gefärbte Mergelkreide, ein Gemenge von kohlensaurem Kalk mit Tonerde ist. Auch reine Tone (Pfeifenerde) werden oft als Kreide in den Handel gebracht. Kreide findet ausgedehnte Anwendung in der Fabrikation von Farben und in den farbenverarbeitenden Gewerben, als Putzmittel, zur Darstellung von Kohlensäure, zum Abstumpfen von Säuren in chemischen Fabriken, in der Färberei, zu Kitten u.s.w. Die bei vielen chemischen Prozessen abfallenden löslichen Kalksalze bilden ein geringwertiges Produkt und können in künstliche Kreide umgesetzt werden, wie z.B. eine Chlorcalciumlösung mit Sodalösung, wobei zwar eine sehr sein verteilte Kreide gewonnen wird, es aber doch von besonderen Umständen abhängt, ob die Darstellung auch eine rentable ist. Vgl. a. Zeichnen, techn.

Andés.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 683-684.
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