Luftpumpe [2]

[400] Luftpumpe für Schiffsmaschinen. – Die Luftpumpen der Schiffskolbenmaschinen werden stehend angeordnet und bei kleinen Schiffen meist von der Hauptmaschine mittels Schwingehebel angetrieben. Für größere Maschinenanlagen wird die ganze Kondensationsanlage von der Hauptmaschine meist unabhängig gemacht und werden Luft- und Kühlwasserpumpe als selbständige Hilfsmaschinen mit Dampfantrieb ausgebildet. Man verbindet hiermit den Vorteil, die Luftpumpe mit geringerer Hubzahl laufen zu lassen, auch kann man[400] vor dem Angehen der Maschine ein Vakuum erzeugen, und hierdurch wird das Anspringen der Maschine erleichtert. Die mittlere Kolbengeschwindigkeit beträgt für angehängte Luftpumpen bei Handelsschiffen 1,2–1,8 m/Sek., bei Kriegsschiffen 2–2,5 m/Sek., für freistehende Luftpumpen 0,25 bis 0,45, bezw. 0,35 bis 0,65 m/Sek.

Fig. 1 stellt eine vereinigte Luft- und Kühlwasserpumpe der Atlaswerke dar, die von einer Weir-Simplexpumpe getrieben wird, die sich durch die Eigenart ihrer Steuerung für den Schiffsbetrieb bewährt hat. Eine weitere Neuerung der Weir-Pumpen stellt die sogenannte Dual-Luftpumpe dar, eine Vereinigung von Trocken- und Naßluftpumpe unter Hinzufügung eines Kühlers, aus dem der Trockenluftpumpe im Kreislauf Kühlwasser zugeführt wird, um das angesaugte Dampfluftgemisch abzukühlen, zu verdichten und dadurch das Volumen zu Verringern (Fig. 2). Dadurch, daß das Niederschlagwasser aus dem untersten Teil des Kondensators von der Naßluftpumpe und das Dampfluftgemisch aus dem kältesten Teil des Kondensators von der Trockenluftpumpe getrennt gefördert werden, erzielt man ein günstigeres[401] Vakuum und gewinnt ein Speisewasser von der im Kondensator herrschenden Dampftemperatur. Der Nachteil des höheren Dampfverbrauchs bei selbständigen Pumpen wird durch die Verwendung des Abdampfes für Speisewasservorwärmung ausgeglichen [1]–[3].

Die selbständigen Trocken- und Naßluftpumpen von Weir & Blake fanden hauptsächlich auf den Turbinenschiffen Verwendung, da das Vakuum auf die Leistung und Oekonomie der Dampfturbine einen besonderen Einfluß ausübt. Da aber der mit dem Kolbenantrieb verbundene schädliche Raum das von einer Kolbenpumpe zu erzielende Vakuum begrenzt, ist man neuerdings auf den Turbinenschiffen auf rotierende Pumpen mit Turbinen- oder elektrischem Antrieb übergegangen und erreicht hierbei neben einem größeren Vakuum den Vorteil eines ölfreien Kondensats für die Speisung der Wasserrohrkessel. Daneben erzielt man eine Ersparnis an Gewicht und Raum sowie an Bedienungspersonal.

Die Turboluftpumpen mit getrennten aber auf gemeinsamer Welle angeordneten Trocken- und Naßluftpumpen haben sich bereits in mehrfachen Ausführungen durchaus bewährt; sie arbeiten nach dem Prinzip der Schleuderpumpen entweder mit Gleichdruckrädern, die mit vorwärts gekrümmten Radschaufeln Wasserteilchen in den Mischraum schleudern – A.E. G.-Luftpumpe und Westinghouse-Leblanc-Luftpumpe – oder mit Ueberdruckrädern, die dem Wasser nicht nur eine bestimmte Austrittsgeschwindigkeit sondern auch noch eine Zunahme an statischem Druck erteilen – Luftpumpe Thyssen-Pfleiderer [3], [4]–[6], [8].

Die A.E. G.-Luftpumpe mit vertikaler Welle (Fig. 3) besitzt ein kleines Kreiselrad von 4000 Umläufen in der Minute, welches das von unten zugeführte Wasser in die Kanäle eines das Rad umschließenden Verteilers treibt. Dabei wird die Luft aus dem Kondensator in den ringförmigen Zwischenraum zwischen Rad und Verteiler angesaugt und in den Verteiler getrieben,[402] wo sie in kleinen Luftvolumen durch Wasserpfropfen gefangen wird, deren Länge nach außen hin durch die Verengung der Kanäle zunimmt, so daß die eingeschlossenen Luftmengen infolge der geringeren Schleuderfähigkeit von Luft gegenüber dem schwereren Wasser allmählich zusammengepreßt werden. Da die in der angesaugten Luft enthaltene Dampffeuchtigkeit bis zu 3% des ganzen Kondensats betragen kann, so wird als Schleuderwasser Speisewasser verwendet und durch einen Oberflächenkühler ständig gekühlt. Die Naßluftpumpe besteht aus einem gewöhnlichen Kreiselrade am unteren Ende der Welle, während in der Mitte derselben die Antriebsturbine, bestehend aus einem Curtisrad mit vier Geschwindigkeitsstufen angeordnet ist. Der Abdampf der Antriebsturbine wird einer niederen Druckstufe der Hauptturbine oder dem Vorwärmer zugeführt. Die A.E.G. liefert mit 1 PSe Kraft eine Luftförderung von 0,37 bis 0,43 kg/Sek. [3], [4].

Einfacher gestaltet sich die Konstruktion der Westinghouse-Leblanc-Pumpe. Wegen der nur teilweisen Beaufschlagung ist zum Durchleiten einer bestimmten Schleuderwassermenge ein größerer Kreiseldurchmesser mit kleineren Umlaufszahlen, 2000 Umläufen in der Minute, erforderlich. Die das Laufrad verlassenden Wasserstrahlen werden in Scheiben aufgelöst, zwischen denen in der Mischdüse die aus dem Kondensator angesaugte Luft eingeschlossen, mit fortgerissen und schließlich im Auswurfkegel auf Atmosphärendruck verdichtet wird (Fig. 4). Die Westinghouse-Leblanc-Pumpen fördern mit 1 PSe Kraftleistung 0,5 kg Luft pro Stunde und erzeugen ein Vakuum von 95 bis 98%; sie haben mit allen Schleuderpumpen vor den Trockenkolbenluftpumpen den Vorteil voraus, daß der gesamte mit angesaugte Wasserdampf niedergeschlagen wird und nicht verdichtet zu werden braucht. Vor Inbetriebnahme der Luftpumpe muß jedoch zur Ueberwindung der Saughöhe eine Luftleere von etwa 50% durch ein Dampfstrahlgebläse erzeugt werden [2], [8].

Die Schleuderluftpumpe von Thyssen-Pfleiderer besitzt zwei Reaktionsräder, die spiegelbildlich zueinander gelagert sind, um den Achsenschub auszugleichen (Fig. 5). Aus den Kreiselrädern tritt das Schleuderwasser durch zweiteilige Ringdüsen in dünner Ringscheibe aus und saugt durch besondere Ringkanäle das Dampfluftgemisch derart an, daß es von beiden Seiten tangential an die Wasserscheibe herantritt. Die Ringdüse ist so ausgebildet, daß die äußeren, mit Leitschaufeln versehenen Düsenwände mit dem Pumpenkörper fest verbunden sind, während die beiden inneren Düsenwände an dem Umfang eines Rades befestigt sind, das zwischen den beiden Kreiselrädern lose auf der Kreiselwelle gelagert ist und demnach frei umlaufen kann. Durch die freie Beweglichkeit der inneren Düsenwände werden folgende Vorteile erzielt: 1. Eine Verstopfung wird vermieden. 2. Die beiden Spaltbreiten stellen sich selbsttätig gleichbreit ein; eine Herabminderung der Schleuderwassermenge kann daher durch Verstellen nur einer Düsenwand erzielt werden. 3. Nach Auffüllen des Kreisels mit Schleuderwasser fördert die Pumpe sofort Luft auch[403] ohne vorherige Luftleere. 4. Durch. das Drehen der Düsenwände gegeneinander werden die Wasserteile besser aufgelöst und mit Luft gesättigt, so daß die Energie des Wasserstrahls gut ausgenutzt wird. – Die Schleuderpumpen von Thyssen-Pfleiderer haben für eine Kondensatoranlage von 30000 kg/Sek. niederzuschlagenden Dampf eine Luftleere von 99% anstandslos erzeugt und nur 20 PSe gebraucht; das ergibt für 1 PSe eine Luftlieferung von 0,8 kg/Sek. [5]–[7].


Literatur: [1] W. Kaemmerer, Hilfsmaschinen und Sicherheitseinrichtungen für Schiffe, Berlin 1915. – [2] Bodenmüller, Schiffshilfsmaschinen, Leipzig 1914. – [3] Klamroth, Schiffsmaschinenkunde mit besonderer Berücksichtigung der Dampfturbinen und Oelmotoren, Berlin 1916. – [4] O. Lasche, Das Kraftwerk der A.E. G.-Turbinenfabrik in Berlin, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1909, S. 699. – [5] O.H. Hartmann, Die Luftleere, ihre technische Anwendung und die Maschinen zu ihrer Erzeugung, ebend. 1912, S. 1863. – [6] Rotierende Kondensatorluftpumpe, Bauart Thyssen-Pfleiderer, ebend. 1911, S. 315. – [7] C. Pfleiderer, Zur Berechnung der Wasserstrahlluftpumpen, ebend. 1914, S. 965. – [8] G.J. Mellus, Die Dampfstrahlluftpumpe von Westinghouse-Leblanc, Schiffbau, Berlin 1914.

T. Schwarz.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 400-404.
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