[588] Naturselbstdruck (Autoplastik, Physiotypie), von Auer und Worring in Wien 1849 ausgearbeitetes Verfahren zur graphischen Reproduktion von Pflanzen, Fossilien, Häuten, Flügeln, Mineralien, Hölzern, Spitzen u. dergl., bei welchem man Druckformen benutzt, die unmittelbar von den genannten Naturobjekten gewonnen werden.
Die Versuche, Naturgegenstände selbst zu ihrer graphischen Wiedergabe zu benutzen, reichen weit zurück. Schon 1557 wird dergleichen erwähnt. Man färbte z.B. getrocknete oder[588] mazerierte Pflanzen ein und preßte sie auf Papier ab. Der Auersche Naturselbstdruck, der 1852 dem Faktor Worring patentiert, dann 1853 vom Kaiser von Oesterreich der allgemeinen Benutzung freigegeben wurde, ist aber eine ausgebildete, vorzügliche Darstellungen von verblüffender Naturtreue ergebende Methode. Die Naturobjekte werden, vollkommen getrocknet und gepreßt, zwischen eine Stahl- und eine Bleiplatte gelegt und sie formen sich, sobald das Ganze zwischen sehr stark gespannten Walzen langsam (und zwar in der Richtung der kürzeren Achse) durchlaufen gelassen wird, mit den feinsten Details in der Bleiplatte (Zinkplatten, welche eine ungeheure Preßgewalt bedingen, wurden nur dann verwendet, wenn die Matrize selbst auch als Form dienen sollte) ab. Durch zweimalige galvanoplastische Umformung (vgl. Elektrotypie und Kartendruck) erhält man die eigentliche Druckplatte. Diese liefert, wenn sie nach der beim Hochdrucke üblichen Art eingefärbt und das Papierblatt beim Abdrucken in die Vertiefungen der Platte gepreßt wird, ein weißes Bildrelief auf dunkelm Grunde (z.B. für Spitzen geeignet). Behandelt man jedoch die Form als Tiefdruckplatte (s. Kupferstecherkunst), so erhält man (mit einer Druckfarbe) ein monochromes, bei partiellem Eintamponieren und »Wischen« entsprechender bunter Druckfarben, ein polychromes (synchrones) Farbendruckbild, (s. Farbendruck) auf weißem Grunde. Achate u. dergl. Chalcedone werden zuerst poliert, dann mit Flußsäure schwach geätzt (hierbei bleiben die aus kristallisiertem rhomboedrischen Quarze bestehenden konzentrischen Schalen unverändert, und es treten diese auf dem späteren Abdrucke deutlich hervor, während die dazwischen gelagerten Teile geätzt werden) und nun selbst als Druckform benutzt oder (leitend gemacht) galvanoplastisch (eventuell auch stereotypisch, s. Stereotypie) vervielfältigt. Die auf solche Weise erhaltenen Darstellungen sind in gleicher Schönheit durch kein andres Verfahren zu erzielen. Heute wird der Naturselbstdruck in der Regel nur zur Reproduktion von Spitzen u. dergl. angewendet. Man macht Objekte dieser Art leitend und formt sie unmittelbar im galvanischen Bade ab. Sehr gute Naturselbstdrucke kann man von hierzu geeigneten Gegenständen auch auf lithographischem Wege bekommen. Hierbei werden die Objekte auf eine mit fetter Farbe versehene Platte gepreßt, abgehoben und auf einen geschliffenen Stein umgedruckt. Der Stein wird weiter wie sonst behandelt (s. Lithographie). In analoger Weise lassen sich auch Buchdruckklischees erzeugen (vgl. Klischee).
Literatur: Leydolt, Fr., Eine neue Methode, die Achate und andre quarzhaltige Mineralien naturgetreu darzustellen, Wien 1851; Auer, A., Die Entdeckung des Naturselbstdruckes, kleine Ausgabe, Wien 1853, große illustr. Ausgabe, ebend. 1854; v. Ettinghausen, C., und Pokorny, A., Die wissenschaftliche Anwendung des Naturselbstdruckes zur graphischen Darstellung von Pflanzen, Wien 1856.
A.W. Unger.