[637] Nitriersäure, das zur fabrikmäßigen Herstellung von Nitrocellulose, Nitroglyzerin und aromatischen Nitrokohlenwasserstoffen dienende, in der Regel noch wasserenthaltende Gemenge von Salpeter- und Schwefelsäure.
Die Schwefelsäure hat in diesem Fall den Zweck, das beim Nitrierungsvorgang entstehende Wasser zu binden und dadurch der sonst eintretenden Verdünnung der Salpetersäure entgegenzuwirken. Eine gleichzeitige Bildung von sulfurierten Produkten findet hierbei wegen der geringen Wärmetönung derselben nicht statt. Das Mengenverhältnis der einzelnen Bestandteile der Nitriersäure schwankt innerhalb ziemlich weiter Grenzen und finden sich Angaben über die zweckmäßigste Zusammensetzung der zum Nitrieren der verschiedenen Materialien bestimmten Mischungen in den betreffenden Artikeln. Beim Mengen von Salpeter- und Schwefelsäure tritt eine beträchtliche Wärmeentwicklung ein. Trotzdem kann die Operation unbedenklich in Gefäßen von Guß- oder Schmiedeisen vorgenommen werden, da diese Materialien auch der Einwirkung des heißen Säuregemisches sehr gut widerstehen, während sich Blei weniger bewährt. Die Analyse erfolgt gewöhnlich nach den in Lunges Taschenbuch der Sodaindustrie, 3. Aufl., S. 249, beschriebenen Methoden; doch ist zu beachten, daß die sogenannte Abrauchmethode für sehr genaue Bestimmungen zu verwerfen und durch das in der Zeitschrift für angewandte Chemie, 18, S. 1681, angegebene Verfahren zu ersetzen ist. Ein 0,5% nicht übersteigender Gehalt an niedrigen Oxyden des Stickstoffs im Handelsprodukt wird allgemein als zulässig erachtet, und ebensowenig können Spuren von Arsen- oder Bleiverbindungen, die der Schwefelsäure entflammen, beanstandet werden.
Gebrauchte Nitriersäure wird im Sinn von Abfallsäure (s.d.) verwendet; in einzelnen Fällen läßt sie sich mit großem Vorteil durch Zusatz berechneter Mengen von Salpetersäuremonohydrat und rauchender Schwefelsäure (sogenanntem Oleum) wieder in brauchbare Nitriersäure zurückverwandeln.
Ueber Dampfdruck und Zusammensetzung der Salpeterschwefelsäuregemische s. Saposchnikow, Zeitschr. für physikalische Chemie 1904, S. 697; 1905, S. 225, 609.
Häußermann.