Schiffsvermessung [1]

[689] Schiffsvermessung bildet besonders für die Handelsschiffe eine Vergleichsbasis für die Ladefähigkeit und den Frachtwert der Schiffe sowie für die Entrichtung von Hafen- und Lotsengebühren, Kanalabgaben und Zöllen. Als geeignetes Maß ist neuerdings das Stauvermögen der Schiffe an gewinnbringender Ladung gewählt worden, und man bezeichnet diese Größe mit Tonnengehalt.[689]

Die früher zuerst in England eingeführten Eichungsregeln und Meßmethoden waren: Builder's old measurement tonnage, aus den Hauptdimensionen Länge L und Breite B in englischen Füßen nach der Formel: Tonnengehalt O ∙ M = ([L – 0,6 B] ∙ 0,5 B2)/94 berechnet; dead weight tonnage das Gewicht der Ladung in englischen Tons angebend; freight ton, ein Volumenmaß von 0,4 Registertonnen, sowie in Frankreich das Avoirdupoids-System. Die zurzeit am meisten verbreitete Einheit für den Tonnengehalt bildet die englische Registertonne, ein Volumen von 100 cbf. engl. oder 2,83 cbm. Der durch Aufmaß festgestellte Gesamtinhalt aller Schiffsräume einschließlich etwaiger Aufbauten auf dem Vermessungsdeck, ausgedrückt in Kubikmetern und geteilt durch 2,83, ergibt den Bruttotonnengehalt des Schiffes. Der so erhaltene Rauminhalt ist der Großregistertonnengehalt. Für die Bemessung der Abgaben werden nun alle diejenigen Räume abgezogen, die für den Betrieb des Schiffes erforderlich sind, als Kohlenbunker, Maschinen- und Kesselräume, Wohnräume für die Besatzung u.s.w., und ergibt sich hiernach der Nettoregistertonnengehalt. Für die Vornahme der einzelnen Messungen sowie für die Abzüge gelten besondere Bestimmungen, die in den einzelnen Seestaaten verschieden lauten. In Deutschland sind die Bestimmungen in der Schiffsvermessungsordnung vom 1. März 1895, mit Ergänzungen von 1899, enthalten. Die Abzüge werden vielfach mit einem Maximalbetrag in Prozenten des Bruttotonnengehalts in Anrechnung gebracht, und hierin wichen früher die deutsche und die englische Vermessungsmethode voneinander ab. Bei der sogenannten Donauregel werden die Kohlenbunker nicht berechnet, sondern bei Schraubenschiffen mit 75% bei Radschiffen mit 50% der Maschinen- und Kesselräume in Abzug gebracht. Die sogenannte Suezkanalvermessung gestattet Meßbriefe nach der deutschen Vermessung und der Donauregel, sofern die Größe der Kohlenbunker unveränderlich ist. Für Kriegsschiffe ist der Tonnengehalt gleichwertig mit dem Deplacement in Tonnen, für die Fahrt durch den Suezkanal gilt jedoch der Nettotonnengehalt, ebenso für Lotsengebühren. Für Segeljachten haben sich besondere Vermessungsbestimmungen herausgebildet, bei denen neben den Hauptdimensionen des Schiffes vielfach auch die Größe der Segelfläche zu berücksichtigen ist. Die Jachtvermessungen bezwecken, beim Wettsegeln die Größenunterschiede von konkurrierenden Jachten durch Vergütung nach der Vermessung möglichst auszugleichen.


Literatur: [1] Krieger-Johows Hilfsbuch für den Schiffbau, Berlin 1902. – [2] Steinhaus, Abhandlungen aus dem Gebiete des gesamten Schiffbauwesens, Hamburg 1899. – [3] White, A Manual of Naval Architecture, London 1900. – [4] Reichsamt des Innern, Vermessungen der Seeschiffe, Berlin 1895. – [5] Isakson, A., Die Schiffsvermessungsgesetze in verschiedenen Staaten, Jahrbuch der Schiffbautechn. Ges., Berlin 1901. – [6] Board of Trade, Instructions and regulations relating to the measurement of ships and tonnage, London 1907.

T. Schwarz.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 689-690.
Lizenz:
Faksimiles:
689 | 690
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika