Wendeplatten

[911] Wendeplatten oder Spitzkehren kommen an den Stellen des Richtungswechsels stetig anzeigender Straßen, der sogenannten »Steigen« oder »Serpentinen« (s.d.) zur Anwendung und erhalten die kleinsten Krümmungshalbmesser (s.d.), weil die Richtung der Straße fast in die entgegengesetzte übergeht (s. Fig. 1) und die Erdarbeiten besonders an steilen Berglehnen um so größer werden, je größer der Krümmungshalbmesser der Wendeplatte angenommen wird. Aus demselben Grunde verlegt man die Wendeplatte auch möglichst auf solche Stellen des Geländes, die etwas flacher gestaltet sind.

Fig. 1 zeigt dies für die Punkte II und III der Nullinie einer Serpentinenstraße von I nach IV, wo in dem mit Höhenkurven versehenen Lageplan die Höhenkurven weiter auseinander rücken, also das Gelände eine geringere Neigung zeigt. Je nach der Geländebeschaffenheit kann eine solche Wendeplatte unsymmetrisch (wie bei III in Fig. 1) oder symmetrisch (wie bei [911] II in Fig. 1) ausgebildet werden. In beiden Fällen sind Gegenkrümmungen mit zwischengeschalteten geraden Strecken (D a und C c bei Punkt II, bezw. B C bei Punkt III) anzuordnen, und es ist darauf zu achten, daß die gekrümmten Linien A D E C B (in Punkt II) bezw. A B C E D (in Punkt III) länger sind als die geraden Strecken A II B (in Punkt II) bezw. A III D (in Punkt III), damit innerhalb der Krümmung die Steigung der Straße ermäßigt werden kann. Ferner wird innerhalb der Krümmung die Straßenbreite bei Anwendung des kleinsten Krümmungshalbmessers in der Regel vergrößert (s. Fig. 2), um den Wagen das Ein- und Ausfahren zu erleichtern. Bei der symmetrisch angeordneten Wendeplatte kann der Schnittpunkt II der beiden Wegrichtungen (s. Fig. 2) als Mittelpunkt für den kleinsten Krümmungshalbmesser r angenommen werden [1], S. 76, und [2], S. 153. Sodann bestimmt man die Punkte A und B, in denen die beiden Straßenprofile, entweder mit geböschter Dammfläche (s. Fig. 3) oder, bei Heiterem Gelände, unter Zuhilfenahme von Stützmauern (s. Fig. 4) nebeneinander Platz finden. Von den Punkten A und B zieht man an den aus II geschlagenen Kreis die Tangenten A D und B C und kann dann in den Punkten A und B die sich bildenden Ecken durch Kreisbögen von größerem Halbmesser abrunden. Durch Antragen der Straßenbreite wird dann der Grundriß der Wendeplatte in Fig. 2 vollendet, wobei von der normalen Straßenbreite b bei den Punkten A und B in der in Fig. 2 angegebenen Art zu der größeren Straßenbreite b1 in den Punkten D und C sowie in der Krümmung der Wendeplatte selbst übergegangen werden kann. Da die Strecken A D und B C angenähert den Strecken A II und B II gleich sind, so könnte die Wendeplatte fast wagerecht ausfallen, jedoch wendet man gewöhnlich ein kleines Gefälle von 1/2 bis 2% an und ermäßigt dafür das Gefälle der Strecken B C und D A. Zur Vervollständigung des Grundrisses wären noch durch Austragung der hierzu erforderlichen Querprofile die Begrenzungen der Auf- und Abtragböschungen zu ermitteln und einzutragen, was in Fig. 2 unterlaufen wurde. Die Zeichnung der unsymmetrisch ausgebildeten Wendeplatte wird in ganz ähnlicher Weise ausgeführt und ist in Fig. 1 für die Mittellinie bei Punkt III angedeutet.


Literatur: [1] Laißle, Straßenbau, Handb. d. Ing.-Wiss., 3. Aufl., Leipzig 1903, Bd. 1, 4. Abt., S. 32, 46, 64, 73 und 76. – [2] v. Willmann, Straßenbau, Lehrbuch des Tiefbaues, 3. Aufl., Leipzig 1908, Kap. III, S. 101.

L. v. Willmann.

Wendeplatten bei Gießereiformmaschinen s. Eisengießerei, Bd. 3, S. 359, und Preßformmaschinen, Bd. 7, S. 221.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 911-912.
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