[169] Eines Morgens früh traf der graue Wolf den Dachs. »Möge dein Weg gerade sein, Dachs!« grüßte der Wolf. Der Dachs war nicht wenig erschrocken, als er so plötzlich mit dem Wolf zusammenstieß und brummelte: »Möge deine Sache gerade sein, grauer Wolf!« »Woher des Weges, Dachs? Wo warst du seit gestern Abend?« »Dich hab' ich gesucht«, antwortete der Dachs. »Ach, du Hund, du verlogener! Und doch freß' ich dich«, drohte der Wolf. »Ich tauge dazu nicht«, meinte der Dachs. »Macht nichts, so mach' ich: ham, ham und fresse dich.« »Ach, grauer Wolf, du weißt ja gar nicht einmal, wie deine Vorväter es anstellten, um einen Dachs zu fressen. Willst du's wissen? So machten sie's: bevor sie einen Dachs fraßen, packten sie ihn am Kragen und warfen ihn dreimal weg auf und dreimal wegab, dann erst ließen sie ihn sich schmecken.« »Ja, das kann ich auch«, sagte der Wolf, packte den Dachs und warf ihn zuerst wegauf und dann wegab und ... weg war der Dachs; in seiner Höhle stak er. Der Wolf steckte den Kopf hinein und schalt: »Was, betrügen willst du mich?« »Jawohl, so haben auch meine[169] Vorfahren die deinen angeführt.« »Weißt du was,« schlug der Wolf vor, »wir wollen es anders machen. Komm heraus, wir wollen Freunde sein. Eine weiche Matratze leg' ich dir unter, ein Kissen bekommst du unter den Kopf, und mit einer rotseidenen Decke deck' ich dich zu.« »Nein, nein, Wolf, mich kriegst du nicht mehr dran. Deine Matratze kenn' ich. Aus meinem Fleisch willst du sie machen. Und dein Kissen kenn' ich auch; den Kopf willst du mir abschneiden und unterlegen. Und meine blutige Haut soll die rotseidene Decke abgeben, gelt? Nein, du betrügst mich gewiß nicht mehr.«
Der Wolf aber verreckte vor Ärger.