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[256] Es war einmal ein König, der eignete sich jedes Füllen an, das in seinem Lande zur Welt kam, unter dem Vorwand, es sei von einer seiner Stuten geworfen worden. Da kam zu ihm eines Tages Salomo, der damals noch sehr jung war, und verdang sich bei ihm als Hundewärter. Einmal fing nun Salomo an, die Hunde aus Leibeskräften zu prügeln. Als der König dies erfuhr, rief er ihn zu sich und frug ihn, warum er die Hunde schlage.

»Wie soll ich sie nicht prügeln?« antwortete Salomo. »In meinem Dorf haben die Wölfe ein Kalb gestohlen und deine Hunde haben sie nicht verfolgt.«

»Du bist wohl ganz von Sinnen? Wie können denn meine Hunde wissen, was in deinem Dorf geschieht? Wie kommst du auf solche Gedanken?«

»Und du, König, wie kommst du darauf, zu sagen, daß alle Füllen, die, wer weiß wo, geboren werden, von einer deiner Stuten herstammen?«

Der König wurde sehr verlegen und eignete sich von diesem Tage an keine fremden Füllen mehr an.

Quelle:
Dirr, A.: Kaukasische Maerchen.Jena: Eugen Diederich, 1922, S. 256-257.
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