XI. Seekühe und Hulderkühe.

[10] Seekühe gleichen anderen Kühen von Aussehen, aber melken viel besser; die Leute wollen deshalb gern diese Kühe haben. Mitunter sind sie in der dreizehnten Nacht [der Nacht vor Epiphanias] im Stall bei den Kühen gefunden worden; wird ein Kreuz über ihren Rücken geschlagen, so bleiben die Seekühe ruhig bei ihnen stehen.

In der dreizehnten Nacht findet man auch Hulderkühe bisweilen im Stalle; aber die will niemand haben, obwohl sie gut melken, aus Furcht vor dem Huldervolk, welches solches rächen würde. Diese Kühe sind leicht von den Seekühen zu unterscheiden, weil sie das Haupt hinauf gegen die Berge wenden, die Hulderkühe aber gegen die See. Das Huldervolk hat viele Kühe, welche auf den Weideplätzen bei jenen [d.i. gewöhnlichen] Kühen wandeln, obschon die Leute nichts als ihre eigenen Kühe sehen. Die Hulder in Dal auf Sandoy wurde gehört, wie sie ihre Kühe zählte: »Ich sass auf dem Hügel mit Rumla und Reiggja, hier hörte ich Hupul brüllen; von oben schreiten Hákur und Krákur, ich kenne Kina mit den langen Eutern, Ýla und Ála, Eskja und Kála, Geita und Grana, Flekka und Fræna; Hilda mit dem Stern kenne ich wohl, Gullgríma und Oxakolla; verloren habe ich Gríma, die graue, kleine, kürzeste; gekommen sind alle unsere Kühe, stöhnend folgt Brynja allen auf den Fersen.«

Quelle:
Jiriczek, Otto L.: Færöerische Märchen und Sagen. In: Zeitschrift für Volkskunde 2 (1892) 1-24, 142-165, Berlin: A. Asher & Co, S. 10.
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