Die endlose Geschichte.

[134] »Zu den Zeiten, als die Kuh Bartele hieß, wohnte zu Westerende bei Warkum1 ein Bauer, welcher dicht bei seinem Heim in einem alten Wasserleiter eine kleine Butte fand, worin sechshundert Gulden lagen. Er ging sogleich nach den Walden, um Schafe dafür zu kaufen, und kaufte für acht Gulden das Stück so lange als sein Geld all war. Da hatte er zweihundert Schafe. Er trieb sie sachte nach Hause, aber als er über den Galamadamm sollte, war das Wasser stark angeschwollen, eine Menge Land stand unter, die Schuyt war am Grunde, und der Fährmann hatte nichts andres als ein kleines Milchbötchen, welches nicht mehr als zwei Schafe zugleich fassen konnte. Als der Bauer gerufen hatte, machte er das Tau los, kam mit seinem Bötchen und holte zwei Schafe herüber.«

Hier hielt Gabe inne und sezte die Schlafmüze auf. »Nun, sagten die Nichten von Aldegea, als die zwei über waren, was that der Bauer dann?« – »Wolan, erwiederte Gabe, ihr wisset, bei dem hohen Wasser war die Fahrt um die Hälfte weiter, das Bötchen war klein, und es[134] waren zweihundert Schafe da, damit verging eine Menge Zeit. Darum lasset uns, während sie übergeholt werden, ein wenig schlafen, morgen werd' ich euch erzählen, wie es weiter gegangen ist.« Und damit zog Gabe sein Jäckchen aus und ging zu Bette.

Die Nichten von Aldegea waren nur mäßig damit zufrieden, aber weil das Wetter mit Schneegestöber anhielt, kamen sie am folgenden Abend wieder zusammen, und da hat Gabe den Rest auserzählt. Da haben Saske und Pibe auch noch ein Teltje von alter Zeit zum Besten gegeben. Ich glaube, die Nichten von Aldegea jede auch eins. Doch weil wir nicht wissen, ob das auch das Geld wol werth ist, werden wir erst einmal hören, was ihr von dem, was nun kommt, saget.

1

Stadt in Westergoo in Frisland, an der Nordsee, zwischen Makkum und Hindelopen. Sonst Workum geheißen.

Quelle:
Clement, Knut Jungbohn: Der Lappenkorb von Gabe Schneider aus Westfrisland, mit Zuthaten aus Nord-Frisland.. Leipzig: 1846, S. 134-135.
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