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[399] Þork. S. 349–53. Nach der Erzählung von Margrét Jónsdóttir von Undirfell 1862.
Bei einem jungen Ehepaar wohnt noch die alte Mutter des Mannes und dessen zwei unverheiratete Brüder. Die drei Männer gehen meist täglich auf den Fischfang, während die junge Frau das Hauswesen besorgt. Da sie argwöhnt, dass ihre Schwiegermutter ihren Mann gegen sie aufhetzt, will sie sich eines Tages darüber Gewissheit verschaffen. Sie kommt also zur Alten und fragt sie um Rat: Ein Mann biete ihr Schweinefleisch zum Kaufe an, und sie habe auch grosses Verlangen, etwas davon zu kaufen. Aber der Mann stelle als Kaufpreis eine Forderung, auf die sie als ehrbare Frau doch unmöglich eingehen könne. »O, lass dich das nicht bekümmern«, sagt die Alte, »solchen Scherz habe auch ich mir vor langen Jahren erlaubt und habe ihn nie zu bereuen brauchen.« Auf diese Antwort hin gibt sich die junge Frau den Anschein, als wenn sie dem Rat ihrer Schwiegermutter[399] folgen wolle. – Wie die Männer abends vom Fischfang heimkehren, bemüht sich die Mutter auf alle erdenkliche Weise, mit ihrem Sohne allein zu sprechen, ihre Schwiegertochter weiss aber immer wieder ihre Anschläge zu vereiteln. Da ihr alles nichts nützt, murmelt sie wenigstens halblaut einige Verse, die in dem Herzen ihres Sohnes Argwohn erwecken sollen:
»Eitt orð býr í barka mér,
Og annað fyrir neðan,
Priðja býr í lungum mér,
Og það dregur sleðann.«
»Eine Rede wohnt in meiner Kehle,
Die andere darunter,
Die dritte wohnt in meinen Lungen,
Und diese zieht den Schlitten (ist bedeutungsvoll).«
Und ferner:
»Ef sumir vissu um suma
Það, sem sumir gera við suma,
Þegar sumir eru frá,
Þa væru ekki sumir við suma,
Eins og sumir eru við suma,
Pegar sumir eru hjá.«
»Wenn einige wüssten von einer
Das, was einige mit einer anstellen,
Wenn einige fern sind –
Dann wären einige nicht gegen eine
So freundlich, wie sie sind gegen eine,
Wenn einige bei einer sind.«
Mehr vermag die Alte an diesem Abend jedoch ihrem Sohne nicht zu verraten. Nachdem am folgen den Morgen die Männer wieder zum Fischfang fortgegangen sind, sagt die junge Frau ihrer Schwiegermutter, sie möchte sich doch gar zu gern einmal schaukeln. »Tu das nur«, meint die Alte, »das habe ich auch in meiner Jugend am liebsten getan.« Nachdem sich die Hausfrau eine Weile mit Schaukeln belustigt hat, schlägt sie ihrer Schwiegermutter vor, sich doch auch einmal in die Schaukel zu setzen. Sie wolle sie schon festhalten während des Schaukelns. Die Alte geht auch auf den Vorschlag ein und klettert mit Hilfe ihrer Schwiegertochter in die Schaukel hinauf. Eine Weile geht auch alles gut, doch plötzlich gibt die junge Frau der Schaukel einen Stoss und lässt zugleich die Alte los. Diese fliegt nun in weitem Bogen aus der Schaukel und bricht an einem grossen Stein sich den Schädel, so dass sogleich der Tod eintritt. – Die junge Frau nimmt die Leiche und legt sie so aufs Bett, als wenn sich die Alte zum Schlaf hingelegt hätte. Wie ihr Gatte am Abend seine Mutter begrüssen will und keine Antwort erhält, sagt ihm seine Frau, sie würde wahrscheinlich schon eingeschlafen sein, sie sei an dem Tage nicht ganz wohl gewesen. Ehe nun am[400] folgenden Abend die Männer heimkommen, nimmt sie die Leiche und setzt sie in eine Kammer vor eine Kiste mit Tabak und Branntwein, die ihr Mann dort stehen hatte. Der Kopf steckt in der Kiste, und in der einen Hand halt sie eine Tabaksrolle und in der andern Hand ein Messer. Wie der Ehemann am Abend durch die halbgeöffnete Türe sieht, dass eine Frau ihn augenscheinlich bestehlen will, wird er so wütend, dass er mit einem dort liegenden Messer die Diebin durchsticht. Erst jetzt erkennt er seine Mutter. In seiner Ratlosigkeit vertraut er sich seiner Frau an, und diese verspricht ihm Hilfe. Am folgenden Abend glaubt ein Bruder des Ehemanns, dass eine Frau aus seinem Verschlage, in dem er Stockfisch und Haifisch aufbewahrt, ihm Haifisch stehlen will. Wütend durchsticht er sie mit einem Messer. Wie er dann entdeckt, dass er seine eigene Mutter ermordet hat, eilt er entsetzt zu seiner Schwägerin und bittet sie, ihm diese Untat verbergen zu helfen. – Den dritten Tag wird von der jungen Frau die tote Schwiegermutter auf dem nächsten Gehöft so geschickt angebracht, dass der dort wohnende Sysselmann, in der Überzeugung, dass eine unbekannte Frau seinen Lieblingswidder getötet hat, die Leiche mit seinem Schwerte durchsticht. Wie er nun in ihr die seit langen Jahren ihm befreundete Nachbarin erkennt, lässt er deren Schwiegertochter rufen und vertraut ihr sein Unglück an. Er bietet ihr viel Geld, wenn sie ihm nur helfen wolle, diese Angelegenheit zu vertuschen. Die junge Frau geht auch auf den Vorschlag ein. – Nun wird endlich die Alte in allen Ehren begraben, das junge Ehepaar lebt von jetzt an in Frieden und Einigkeit, und die grösste Freundschaft herrscht auch zwischen den Bewohnern der Nachbarhöfe. – –
Dieses Märchen ist eigentlich nur eine Version von dem im vorhergehenden Märchen behandelten Thema, denn auch hier haben wir die mehrmals getötete Leiche. Die Behandlung dieses Stoffes weicht jedoch so sehr von dem Märchen vom Barbiere ab, dass ich glaubte, diesem Schwanke eine gesonderte Stellung einräumen zu müssen.
Parallelen zu dieser Version des Themas von der mehrmals getöteten Leiche vermag ich nicht nachzuweisen.
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