LXVII. Die drei Schwestern.

[265] Lbs. 538 4 to.


Ein Bauernpaar hatte drei Töchter. Die älteste hiess Signý, die zweite Vigný und die jüngste Helga. Diese war ihren Schwestern sehr nachgesetzt und musste darum immer in der Asche liegen. – – – Als einst in der Hütte das Feuer ausgeht, wird Signý fortgeschickt, um Feuer zu holen. Sie kommt hier an einer Frau vorbei, die Brot backt und sagt:


»Baki konan brauð,

Baki hún illa,

Þá gengi henni hvert verkið öðru ver,

En eld vil jeg fá.«


»Die Frau backe Brot,

Sie soll es schlecht backen,

Dann soll ihr jede folgende Arbeit noch

mehr misslingen, wie die vorhergehende.

Ich will Feuer haben!«
[265]

Darauf antwortet die Frau:


»En verði annað auga Þitt

Eins og stærsta brauðið mitt!

Og gangtú lengra.«


»So soll dein eines Auge

So gross wie mein grösstes Brot werden!

Geh' du nur weiter!«


Sie kommt nun zu einer Frau, die ein Gewebe webt und sagt:


»Vefi konan vef,

En vefi hún illa,

Þá gengi henni hvert verkið öðru ver,

En eld vil jeg fá.«


»Die Frau webe ein Gewebe,

Doch sie soll es schlecht weben,

etc.«


Darauf sagt die Frau:


»Aldrei skaltú eldinn fá.

En verði nefið á Þér

Eins og skyttuskaptið mitt!

Og gangtú lengra.«


»Nie sollst du Feuer bekommen.

Aber deine Nase soll werden

Grade wie mein Webeschiff.

Geh du nur weiter!«


Nun kommt sie zu einer Frau, die einen Saum säumt und sagt:


»Saumi konan saum,

En saumi hún illa!

Þá gengi henni hvert verkið öðru ver.

En eld vil jeg fá!«


»Die Frau säume einen Saum,

Doch sie soll ihn schlecht säumen.

etc.«


Darauf antwortet die Frau:


»Aldrei skaltú eldinn fá.

En verði annað auga Þitt,

Eins og smærsta nála augað mitt.

Og farðú heim.«


»Nie sollst du Feuer bekommen.

Aber dein andres Auge soll werden,

Wie mein kleinstes Nadelöhr!

Geh' du nur heim!« –


Wie Signý nun unverrichteter Dinge nach Hause zurückkehrt, sind die Eltern entsetzt über ihre Hässlichkeit. Der zweiten Tochter Vigný, die nun geschickt wird, ergeht es nicht besser. Schliesslich muss sich Helga auf den Weg machen. Wie sie die Frau sieht, die Brot backt, sagt sie freundlich:


»Baki konan brauð,

Og baki hún vel.

Þá gengi henni hvert verkið öðru betur.

En eld vil jeg fá.«


»Die Frau backe Brot,

Und sie soll es gut backen.

Dann gelinge ihr jede folgende Arbeit

noch besser wie die vorhergehende.

Ich will Feuer haben!«
[266]

Darauf sagt die Frau:


»Gjarnan skaltú hann fá,

En gangtú lengra.«


»Gerne sollst du es bekommen,

Doch geh' du nur weiter.«


Nun kommt sie zu der Frau, die das Gewebe webt, und wünscht ihr gleichfalls Glück. Auch diese verspricht ihr Feuer, doch soll sie erst weiter gehen. Denselben Wunsch spricht sie auch der Frau gegenüber aus, die den Saum säumt. Von dieser erhält sie nun das Feuer und zugleich auch einen Kasten, den sie zu Hause sorgfältig verstecken soll, um ihn erst am Hochzeitstage zu öffnen. Helga habe durch ihre Freundlichkeit sie und ihre beiden Schwestern von einem schweren Zauber endlich erlöst. Zum Lohne würde sie ihr Bruder, der ein mächtiger König sei, dereinst heiraten. – – Helga geht nun nach Hause und wird hier noch schlechter wie sonst behandelt. Nach einem Jahre kommt ein wunderschöner König zur Hütte und fragt den Bauer nach seinen Töchtern. Dieser führt die beiden ältesten Mädchen zu ihm in die Stube. Doch der König ist über ihre Hässlichkeit so entsetzt, dass er sie zum Zimmer hinausweist. Nun fragt der Werber nach der jüngsten Tochter, und trotz seines Sträubens muss der Bauer auch sie hereinrufen. Helga erscheint in fürstlichem Gewände. Des König setzt sie auf sein Knie und erklärt sie für seine Braut.

In der Einleitung und dem Schlüsse stimmt dieses Märchen mit den vorhergehenden überein. Nur der mittlere Teil, der von den drei verzauberten Frauen erzählt, die durch die Freundlichkeit des Aschenbrödels erlöst werden, macht dieses Märchen zu verschieden von der vorhergehenden Erzählung, um es auch als eine Variante derselben ansehen zu können.

Quelle:
Rittershaus, Adeline: Die neuisländischen Volksmärchen. Halle: Max Niemeyer, 1902, S. 265-267.
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