[286] Árn. I S. 171–9. Vom Pastor Eyjólfur auf Vallir in Svarfaðardal nach der Erzählung seiner alten Amme, die 1696 starb, niedergeschrieben (siehe Maurer S. 310).
In einem abgelegenen Tale Norwegens wohnt ein Bauernpaar mit drei Söhnen. Die beiden ältesten sind des Vaters Lieblinge, der jüngste, namens Ásmundur, der immer untätig am Herde lag, ist der Liebling der Mutter. Eines Tages beschliessen die älteren Brüder, zum Könige Ólafur zu ziehen. Unterwegs treffen sie jedoch einen furchtbar aussehenden Riesen, über den sie so erschrecken, dass sie eiligst nach Hause zurückkehren. Wie sie sich zum zweiten Male aufmachen, um in die Welt zu ziehen, will sich auf das Drängen seiner Mutter Ásmundur ihnen anschließen. Die Mutter wäscht ihn und kämmt ihn ordentlich, und wie er nun gut gekleidet ist, sieht er schöner und wackerer aus wie irgend ein anderer Mann. Der Vater, der in diesen verachteten Sohn kein Zutrauen setzt, geht auf die Bitte seiner Frau hin in die Schmiede, um für diesen Sohn einige verrostete Waffenstücke zusammenzusuchen. Bei dieser Gelegenheit kommt er zu Fall und bleibt ohnmächtig am Boden liegen. Ásmundur nimmt ihm darauf die Waffen fort, ohne sich weiter um ihn zu kümmern. Die Mutter gibt ihrem Liebling zum Abschied ein altes Messer, das sie lange Jahre als Kohlenkratzer gebraucht hatte. Es sei noch ein Erbteil ihres Vaters, und sie spreche jetzt den Segen darüber, dass künftig ihrem Sohne alles zum Heile ausschlagen solle. Ásmundur versucht nun dieses Messer draussen an einem Steine, den es auch glatt durchschneidet. Wie er aber zurückschaut, sieht er seine Mutter tot zu Boden sinken – denn dieser Stein war ihr Lebensstein gewesen. – – – Sie kommen nun in die Nähe des Riesen, der das erste Mal die Brüder so erschreckte. Diese verkriechen sich auch jetzt feige ins Moos, während Ásmundur in die Hütte geht und die Türe derselben halb öffnet, als er den Riesen mit Jagdbeute schwer beladen von fern herankommen sieht. Ein riesiger Hund, der diesen begleitet, springt seinem Herrn voran in die Hütte hinein. Ásmundur schlägt nun sofort die Türe zu, so dass der Hund[287] drinnen gefangen ist. Dem Riesen, der sich Naddur nennt, ahnt beim Anblicke Ásmunds gleich nichts Gutes, er fordert ihn jedoch auf, ihm beim Abhäuten eines Bären zu helfen. Ásmundur wird früher mit der Arbeit fertig. Er nimmt nun die Haut, schlägt sie dem Riesen um die Ohren und behauptet lachend, das sei sein gutes Recht. Jetzt geraten die beiden in Kampf, der mit dem Tode des Riesen endet. Ásmundur ruft nun die Brüder, die sich vor Angst tief ins Moos verkrochen hatten, und verbrennt darauf den Leichnam. Wie er dann die Hüttentüre öffnet, stürzt sich der Hund wütend auf ihn. Jedoch Ásmundur steckt ihm ein Stück Holz in den Rachen, so dass er machtlos wird und demütig vor Schmerz zu seinem neuen Herrn herankriecht. Nun ziehen alle drei Brüder zum Könige Ólafur. Hier steht Ásmundur bald in grösstem Ansehen, und wie die Rede ist von einer heidnischen Zauberin, Þorgerður Höldatröll, zu der bis jetzt die Leute des Königs vergeblich auszogen, um die Steuern von ihr zu erheben, ja, sogar stets das Unternehmen mit dem Tode büssen mussten, macht sich Ásmundur auf, um diese Unholdin zu besiegen. Sie wohnt auf einer Insel im Norden des Landes. Nach der Ankunft lässt Ásmundur seine Gefährten beim Schiffe und geht allein zur Wohnung der Zauberin, einem stattlichen Gehöfte. Er gräbt rund um die Wohnung Furchen und tritt dann ins Haus. Drinnen findet er nur Hláðvör, die Tochter der Hexe, ein wunderschönes junges Mädchen. Ásmundur teilt ihr den Zweck seines Kommens mit. Sie glaubt, dass er wohl im stände sei, die Mutter zu besiegen, doch bittet sie ihn, in dem Falle die Mutter zu schonen, sie wolle dann gerne mit ihm zum Könige ziehen und Christin werden. Wie die Unholdin heimkehrt, verbrennt sie sich draussen an den Zauberfurchen, und nun weiss sie auch sogleich, dass ein mächtiger Gegner zu ihr gekommen ist. Beim Anblicke Ásmundurs nennt sie ihn mit Namen und fordert ihn auf, in drei Zauberproben mit ihr sich zu messen, zuerst nämlich durch Feuer zu gehen, dann sich gegenseitig mit dem Schwerte auf den nackten Fuss zu hauen, und drittens drei glühende Nägel zu verschlucken. Ásmundur besteht alles, da er vorher das Kreuzzeichen über das Feuer, den Fuss und die Nägel[288] gemacht hat. Der dritte glühende Nagel, den Ásmundur der Unholdin zu schlucken gibt, wird gleichfalls vorher von ihm gesegnet. Sowie er in ihren Mund kommt, sinkt sie sprachlos und machtlos zu Boden. Ásmundur ruft nun seine Leute und lässt alle Kostbarkeiten aus Þorgerðurs Besitz aufs Schiff tragen. Hláðvör, die Tochter der Unholdin, folgt ihm zum Könige. Nachdem sie Christin geworden ist, wird sie von Ásmundur geheiratet. – – – Nach einiger Zeit kommt wieder Nachricht zum König Ólafur von zauberkundigen Heiden, die im Norden von Naumudalur wohnen. Er schliesst sich diesmal Ásmundur mit zwei von seinen Leuten zur Fahrt dorthin an. Ausserdem hat Ásmundur wie gewöhnlich den Hund bei sich, den er von Naddur erbeutet hatte. Wie sie dorthin kommen, werden sie vom Hausherrn willkommen geheissen und mit gutem Trunke bewirtet. Die Hausfrau, sowie der Sohn und die Tochter begrüssen gleichfalls die Gäste. Diese werden nun zum Mahle gebeten. Ein seltsames Wesen (eine verzauberte Pferderute) tritt herein und deckt den Tisch mit kostbarem Tuche. Wie es zu Ásmundur kommt, fragt dieser, was für ein Teufel das sei. Wütend fährt die Hausfrau ihn an und sagt, sie dulde nicht, dass einer ihren Gott, den Völski, schmähe. Sie, ihr Mann und ihr Sohn glaubten fest an ihn, die Tochter wolle hingegen nichts von ihm wissen. Der König fordert nun die Leute auf, sich zum Christentume zu bekehren. Doch die Alte erklärt, dazu keine Lust zu haben. Sie wäre überzeugt, dass des Königs Gott ihr nicht so viel Kostbarkeiten verschaffen und ihr so eifrig dienen würde wie dieser Völski. Während dieses Gesprächs bedient das Wesen eifrig die Gaste und trägt Speisen herzu. Wieder kommt es zu Ásmundur, doch dieser stürzt sich nun auf dasselbe und ringt mit dem Wesen, das sogleich beim Kampfe zu riesiger Gestalt anwächst. Wie die Hausfrau das sieht, stürzt sie sich auf den König und ihr Mann und ihr Sohn auf die beiden übrigen Begleiter. Sie werden jedoch alle drei getötet, aber es bedarf dann der vereinten Anstrengung aller vier Männer und des Hundes, um den bösen Geist Völski zu bezwingen. Dann lässt der König alle Kostbarkeiten herausholen und das Gehöft mit den Leichen niederbrennen. Die junge Tochter des Hauses, die am Kampfe sich[289] nicht beteiligt hatte, nimmt er mit sich und lässt sie Christin werden. Weil aber Ásmundur beim Kampfe das meiste geleistet hatte, gibt ihm der König zum Lohne mit einem Goldringe den Zunamen flagðagæfi (Riesinnenglück), weil wohl wenig Männer in der Besiegung von Unholden es ihm gleichzutun vermöchten. – – –
Der erste Teil dieser Erzählung ist durchaus märchenhaft. Wie haben hier die drei Brüder mit dem verachteten jüngsten, der an Tüchtigkeit seine Brüder bei weitem übertrifft. Zum Abschied schenkt ihm die Mutter ein Zauberschwert, das alles durchschneidet. Doch sie stirbt von der Hand ihres Lieblings, da dieser nicht weiss, dass ihr Leben an einen Lebensstein gebunden ist. Der Kampf mit dem Riesen und der Aufenthalt bei der Unholdin, wo die Tochter derselben seine Partei ergreift und dann mit ihm die Heimat verlässt, um ihn später zu heiraten, sind gleichfalls im Märchen häufig wiederkehrende Episoden. – Der zweite Teil der Erzählung, die Vernichtung Völskis und seiner Anbeter, ist der Inhalt eines alten Liedes, das schon in der Flateyarbók sich findet.