[485] 1016. Der St. Pirminsbrunnen.

A. Sankt Pirmin, ein berühmter Wallfahrtsort im Kanton Wilz, der Pfarrei Kaundorf zugehörig, liegt etwa eine halbe Stunde von letzterem Orte entfernt. Auf einem kleinem Plateau nahe an der Straße von Ettelbrück-Bastnach erhebt sich das alternde Kapellchen. Alljährlich am Pfingstmontag pilgert in feierlicher Prozession die Pfarrei Kaundorf zu dem Gnadenorte. Von nah und fern strömt an diesem Tage eine Menge Wallfahrer herbei, um von dem hl. Pirmin Hilfe in ihren Nöten zu erflehen. Nördlich von der Kapelle, etwa zweihundert Meter entfernt, liegt eine kleine Klause mit dem sogenannten Pirminsbrunnen. Dorthin werden besonders kleine Kinder gebracht, welche dickbäuchig sind oder nicht gehen können; man taucht dieselben dreimal bis über den Kopf ins Wasser, wodurch sie in der Regel die Gesundheit wiedererlangen.


J. Hennes, Lehrer


B. Einst kam nachts ein Wilzer an der Pirminskapelle vorbei und begann über den Heiligen und seinen Brunnen zu spotten. »Du heilst die dicken Bäuche«, rief er, »so heile denn auch mich.« Mit diesen Worten sprang er in das eiskalte Wasser, stieg aber bald wie der heraus und kehrte nach Hause zurück. Am anderen Morgen waren Teile des Körpers, welche das Wasser berührt hatte, mit Geschwüren bedeckt, und lange währte es, bis er wieder genas. Der Mann lebt noch und glaubt sich stets von St. Pirmin oder vom Teufel verfolgt.

Nach einer anderen Mitteilung habe der bestrafte Spötter den Pfarrer[485] aufgesucht und demselben den Hergang der Sache erzählt. Dieser habe ihm den Rat erteilt, sich zum Brunnen zu begeben und dort vor dem Heiligen Abbitte zu tun. Diesen Rat habe der Mann befolgt und sei zur Stunde von seiner Plage befreit gewesen.

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 485-486.
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