[338] 753. Jâsmännchen als ewiger oder wilder Jäger.

In der Schâlbech, einem einsamen, unheimlichen Tal bei Buderscheid, hörte man nachts nicht selten Schüsse fallen und den Lautschlag von zwei jagenden Hunden. Ihr Gebell war hohl und unheimlich. Zugleich ertönte das Horn und das Hussa im Walde. Es war Jâsmännchen, der dort als wilder Jäger umging. Zuweilen auch verließ er die Schâlbech und jagte im Friekbösch, im Eisenborner Wald und im Grawelter, zwischen Wilz und Nocher, in der Loh und in den Bergabhängen der Schlierbech, einem Zufluß der Sauer. Auch setzte er über die Schlierbech und trieb seinen Jagdspuk um den Bitschter Weiher und um den Pirmesknapp her und störte durch seine Tücken die stille Einsamkeit des Einsiedlers daselbst. In der Schâlbech und in dem zunächst angrenzenden Bering jagte er auf einem weißen Schimmel oder auch, wie andre sagen, in einem Wagen, der von zwei luftigen Rossen gezogen wurde. Er setzte schnell wie der Wind über Schluchten und Gebüsche hinweg.

Der andere große Jagdkreis ist die zwischen der Wilz und der Sauer auf hohem Gebirge gelegene Hûscht. Um den Krenkelstein schwärmte er zu Fuß als Jäger umher und setzte sich auf denselben, um auszuruhen. An[338] diesem Stein begegneten die Wanderer bei Nacht öfters seinen beiden Hunden. Sie waren ungeheuer groß, aber schön. Der eine war von schwarzer, der andere von weißer Farbe. Sie waren sehr zudringlich und schmeichelnd, und wenn der einsame Wanderer sie streichelte, konnte er sie nicht mehr loswerden. Unheimliches Wild, Eber, Wölfe, Rehe, Hasen und Füchse irrten dann auf der Hûscht und in den nahen Wäldern umher. Am Krenkelstein wurden nicht selten zwei sitzende Hasen gesehen, die weiße Flecken wie aufgeschlagene Bücher an der Stirne trugen.

Jâsmännchen wachte sehr eifersüchtig über dieses Jagdgebiet. Wenn andre Jäger es wagten, auf der Hûscht zu jagen, erhob sich nicht selten ein großes, stürmisches Getöse im Wald; es war dann gleichsam, als wollte der ganze Wald zusammenbrechen, als würden alle Bäume entwurzelt und zerschmettert werden; zugleich ließen sich in dem empörten Waldesdickicht unheimliche Eber und Wölfe sehen, die in rasender Wut dahinschossen und die dicksten Stangen entzweibissen. Dann faßte ein solches Grausen die Jäger, daß sie eiligst die Flucht ergriffen.

Von der Hûscht ausgehend, betrieb Jâsmännchen seine wilde Jagd in Leiwendelt, an der Nacherbâch; auf dem Krenkelbann, in der Haderbâch, auf dem Môl, an der Hûschterlei; vorzüglich gern trieb er sein Unwesen auf Tommescht.

In der Teufelslei, zwischen Tadler und Gösdorf, an der Sauer, und in der danebenliegenden Jâslei hörten die Einwohner von Heiderscheid, Tadler und Ringel nicht selten ein hohles Rufen und den Lautschlag von Hunden. Zugleich erscholl ein Jagdhorn weithin durch die Nacht. Dasselbe Geräusch ließ sich dann auch auf dem Lûschterberg, auf dem Mühlenberg, auf Fuhleslei, auf Pirmescht und im Sausterbösch hören. Es war dies wiederum Jâsmännchen, der auch hier seine Runde machte und die Gegend beunruhigte. Der Spuk ging mitten durch die Anhöhe der Berge hindurch.

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 338-339.
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