1005. Wolgänger.

[12] a) Einem nächtlichen Wanderer, so haben sie in Erstfeld erzählt, da ich als Knabe dort aufwuchs, begegnete ein Trupp unbekannter Leute, die miteinander plauderten und lachten alsbald ein zweiter und zuletzt ein dritter. Dieser war der schweigsamste, und einer daraus fragte den Wanderer, wiä spat dass syg. Er nannte eine Stunde so um Mitternacht herum, worauf der Fragende entgegnete, äs syg nu wohl friäh. Man glaubte, es seien Wolgänger gewesen, d.h. die Seelen Abgeschiedener, wo ihres Zytt nid erläbt häiget.


Fridolin Fischer, 78 Jahre alt.


b) Ammä-n-Ort syg äs uschuldigs Chind gstorbä, wo nu nid ämal z'Schüel g'gangä syg. Und da häig äu einä gsäit, wiäs äso Brüch isch, äss syg'm woll g'gangä. Speeter syg's'm äinisch abchu1, und är fragi's: »Wo witt hi?« »Nach Wohlergehen«, häigs gsäit und syg v'rschwundä.


Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen.


Fußnoten

1 Abchu, mit Wortton auf chu = begegnen, begegnet.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 12.
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