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Wo's war, wo's nicht war, das sag' ich nicht, genug damit, daß ein zersprungener zerklungener Kachelofen war, wo kein Loch drin war, da war alles gut, da buken sie Kuchen drinne, da ist auch das gegessen worden. Nun also auf den Bergen von Komorn, auf den gläsernen Brücken, an dem schönen goldenen Lampenstock, da lag einmal ein Debreciner Schafpelz, der hatte neunundneunzig[34] Falten, und aus den neunundneunzig Falten habe ich folgende Worte herausgelesen.
Es war einmal ein König, der hatte drei Töchter, aber der König war so arm daß er seine Familie kaum ernähren konnte; darum sagte seine Frau, welches die Stiefmutter der drei Mädchen war, einmal in der Nacht zu ihrem Manne, er sollte am Morgen die Mädchen in den Wald führen und sie dort im Dickicht allein lassen, daß sie sich nicht mehr zu Hause fänden. Das hörte die Jüngste und machte sich auf, während der König und die Königin noch schliefen, um ihre Gode (welches eine Zauberin war) um einen Rath zu bitten. Das kleine Zauberpferd ihrer Gode wartete schon an der Hofthüre auf sie, und als sie sich auf seinen Rücken gesetzt hatte trug es sie im Handumdrehn zu der Zauberin. Diese wußte recht gut was das Mädchen wollte, und gab ihr darum einen Knaul Zwirn, den sollte sie im Walde immer hinter sich abrollen lassen, damit sie sich an dem Faden so heimfänden. Aber sie gab ihr's nur mit der Bedingung, daß sie ihre beiden großen Schwestern nicht mit nach Hause führte, denn die waren sehr böse und hochmüthig.
Wirklich nahm am andern Tage die Stiefmutter[35] ihre Töchter mit, wie sie sagte, um Reisholz im Walde zu lesen; und nachdem sie eine gute Weile herumgelaufen waren, nöthigte sie sie sich auszuruhn. Sie setzten sich also unter einen Baum, aber, alle drei schliefen gleich ein, und wie die Stiefmutter das sah, eilte sie während des heim. Als die Mädchen aufwachten und ihre Mutter nicht mehr sahen, zerflossen die beiden in Thränen, aber die Jüngste versicherte ihnen fest sie wüßte den Weg und ginge heim, sie beide aber würde sie nicht mitnehmen. Indeß bestürmten sie die beiden Aeltern so lange mit Schmeicheln und Bitten, daß sie zuletzt ihrem Wunsche nachgab. Wie sie nun nach Hause kamen, nahm sie der Vater mit offenen Armen auf, die Stiefmutter aber mit verstellter Freude.
Aber in der Nacht erklärte sie wieder dem Könige sie würde sie noch tiefer in den Wald hineinführen. Die Jüngste hörte das Gespräch wiederum, und wie in der vergangenen Nacht flog sie auf ihrem Zauberpferdchen zu ihrer Gode. Die aber schalt sie aus, daß sie ihre bösen Schwestern mit heimgebracht hätte, und unter der Bedingung, daß sie es jetzt auf keinen Fall thäte, gab sie ihr für diesmal ein Aschensäckchen, woraus[36] sie ihren ganzen Weg den sie gehn würden bestreuen sollte, damit sie ihn nicht verlöre. Die Mädchen wurden also wieder in den Wald geführt und wieder dort allein gelassen, aber die Jüngste, welche durch die Aschenspur den Heimweg wußte, führte ihre Schwestern auf ihr vieles Versprechen und Bitten auch diesmal wieder heim. Zu Hause wurden sie so empfangen wie das erste Mal, aber in der Nacht wurde es zum dritten Male beschlossen, die Mädchen wegzuführen.
Die Jüngste hörte es auch dies Mal, aber sie hatte keinen Muth mehr zu ihrer Gode zu gehen, und dann dachte sie auch, sie könnte sich nun vielleicht selber helfen, darum nahm sie einen Sack Erbsen mit, und überall wo sie gingen, da streute sie die Erbsen ordentlich hinter sich. Von ihrer Mutter allein gelassen zerflossen die Beiden wieder vor Weinen, bis Jene fröhlich sagte, sie könnte sie auch das Mal nach Hause führen, und nachdem sie sich durch das Drängen und Flehen ihrer Schwestern wieder hatte bewegen lassen, machten sie sich auf den Weg.
Aber wie erschraken sie, als sich auch nicht ein Körnchen von den ausgestreuten Erbsen vorfand, weil die Vögel alle aufgefressen hatten. Da entstand[37] allgemeines Weinen und die drei verlassenen Mädchen irrten den ganzen Tag ohne Weg und Steg durch den Wald hin und her, und erst mit Sonnenuntergang kamen sie an eine Quelle, aus der sie ihren Durst löschten. Da fanden sie einen Eichelkern unter einer Eiche wo sie ruhen wollten; den pflanzten sie und trugen in ihrem Munde aus der Quelle Wasser zu um ihn zu begießen. Am andern Tage war er schon so hoch wie ein Thurm emporgewachsen, und die Jüngste stieg hinauf, um zu sehn ob nicht in der Nähe eine menschliche Wohnung wäre; da sie aber nichts sahen, brachten sie den Tag wieder mit Weinen und Herumlaufen zu.
Am folgenden Morgen war der Baum schon zwei Thürme hoch, aber auch jetzt sah sich die Jüngste vergebens von seinem Gipfel aus um. Nach Verlauf des dritten Tages war der Baum schon so hoch wie drei Thürme und nun beschaute das kleine Mädchen von seinem Wipfel die Umgegend nicht mehr vergebens, denn sie bemerkte in der Ferne ein erleuchtetes Fenster, sprang von der Eiche herunter und führte ihre Schwestern dorthin. Diese aber thaten ihr nun die schmählichste Kränkung an, nahmen ihr alle ihre Kleider[38] welche sie sich aus Vorsorge in einem Bündelchen von Hause mitgenommen hatte, und zwangen sie, ganz schlechte statt dessen zu tragen; wenn sie ihnen etwas sagen wollte, schlugen sie sie und befahlen ihr, wo sie auch hinkommen möchten sollte sie sie für reiche Königstöchter ausgeben, und sie immer als Magd bedienen.
So irrten sie drei Tage und drei Nachte weiter, bis sie zuletzt vor ein ungeheures, großartiges und prächtiges Schloß kamen. Zuversichtlich und mit fester Hoffnung traten sie in den schönen Pallast, aber wie erschraken sie als sie eine Riesenfrau von Thurmhöhe erblickten, welche ein Auge wie ein Teller auf der Stirne hatte, gerade in der Mitte, und Reihen von großen spannenlangen Zahnen sehen ließ. »Gott grüß' euch, Kinderchen!« »schnarrte sie die Riesenfrau an, das gibt einen guten Braten von euch.« Bei diesen Worten schauerten alle drei zusammen, aber die Jüngste versprach ihr schmeichelnd, wenn sie ihnen nichts thäte, so wollte sie ihr den schönsten Putz für sie zurechtmachen. So brachten sie die Frau mit den großen Zähnen herum und diese versteckte die Mädchen in einen Schrank, damit ihr Mann der gerade zurückkehrte sie nicht merkte.[39]
Dieser, der aber noch viel größer war als seine Frau, schnüffelte hin und her, forderte Menschenfleisch von seiner Frau, und drohte, er wollte sie auffressen, wenn sie ihm keins gäbe. Die Mädchen wurden also vorgeholt, aber auch diesmal erlangten sie noch Gnade, nachdem sie versprochen recht leckere Speisen für den brummigen Herrn Gemahl zu kochen. Der Hauptgrund dieser Begnadigung war aber der, daß der Mann die Mädchen in Abwesenheit seiner Frau allein zu verzehren gedachte, und daß die Frau in ihrem Hirnkasten ungefähr dieselben Plane brütete.
Die Mädchen waren jetzt alsbald beim Backen und Kochen; die beiden ältern kneteten den Teig, wahrend die Jüngste den höllischgroßen Ofen heizte. Nach einer Weile wie er schon brav heiß war, rief das schlaue Mädchen den Riesen zu sich, und indem sie einen Topf mit Fett in den Ofen stellte, forderte sie ihn auf mit der Zunge einmal zu kosten, ob das Fett gehörig heiß wäre; wenn es das wäre dann wäre der Ofen stark genug geheizt. Der Fleischberg that wie ihm gesagt war, aber kaum hatte er den Kopf hineingesteckt als ihn das Mädchen hineinstieß, und so war er ein Kind des Todes, in dem heißen feurigen Ofen.[40] Als die Riesin das sah gerieth sie in Gift und Galle, und wollte sie schon auffressen, hätte das kleine Mädchen sie nicht beschwatzt sich vorher von ihr schön putzen zu lassen. Dazu stellte sie sich hin und brachte es zu wege daß das kleine Mädchen ihr auf den Kopf kriechen konnte, um das Ungeheuer auszukämmen: Aber statt zu kämmen, schlug die flinke Kleine die Frau mit einer eisernen Klammer so auf den Kopf, daß sie auch todt hinstürzte. Die todten Leiber schleppten die Mädchen auf vierundzwanzig Paar Ochsen hinaus und waren nun unumschränkte Besitzerinnen des großen Schlosses.
Am folgenden Sonntag machten die beiden Aelteren einen Spaziergang in die Hauptstadt zu einem Tanzvergnügen. Wie sie weg waren, durchsuchte ihre kleine Schwester, die als Magd zu Haus geblieben war, alle Säle, Vorsäle und Zimmer im Schlosse wieder und immer wieder; während sie das that, fiel ihr Auge zufällig auf etwas Glänzendes im Schornstein, sie warf mit einem Steine danach und der schönste goldene Schlüssel fiel ihr in die Hand. Jetzt probirte sie ihn an allen Thüren und allen Schränken, aber erst nach langem Suchen war sie im Stande ein[41] kleines Schränkchen damit zu öffnen, hier aber wartete eine sehr große Freude auf sie, denn das Spind war voll von Frauenkleidern und Schmucksachen welche wie für sie gemacht schienen. Auf der Stelle zog sie ein silbernes Kleid an das sie ebenfalls zum Tanzvergnügen bringen sollte, das kleine Zauberpferd wartete schon draußen und schnell wie der Wind sprengte sie dahin.
Sowie sie in den Tanzsaal trat, richteten sich alle Augen auf sie und die vornehmsten Männer und Jünglinge brachen sich Arme und Beine um sie zur Tänzerin zu bekommen. Ihre Schwestern welche bis dahin die Zierde und die Seele des Tages gewesen waren, wurden jetzt ganz vergessen. Nachdem sie sich ein paar Stunden aufgehalten verschwand die Dame plötzlich wieder, und nachher empfing sie ihre Schwestern, wie sie wieder zu Hause kamen, in ihrem ersten schlechten Meide. Diese erzählten ihrer kleinen Schwester daß sie sich zuerst sehr gut unterhalten hätten, aber hernach wären sie von einem unverschämten Frauenzimmer ganz in den Hintergrund gedrängt worden. Das kleine Mädchen fragte sie lachend, »wenn ich nun diese Dame gewesen wäre?« dafür[42] bekam sie von ihren Schwestern einige Prügel, und wurde tüchtig ausgezankt.
Am zweiten Sonntag geschah es wieder so, nur daß die Jüngste diesmal in einem goldenen Kleide dort war, sonst ging zuletzt alles ebenso, auch bekam sie zu Hause wieder die Schläge und wurde geschimpft. Am dritten Sonntage ritt das kleine Mädchen im Diamantkleide zum Tanzvergnügen, und wieder war sie die Seele des Abends, aber diesmal gaben die Jünglinge, welche sie dort zu halten wünschten, gegen das Ende des Balles genau Acht daß sie nicht wieder verschwände; als sie darum ihre Flucht versuchte, mußte sie sich so sputen, daß sie einen Schuh auf dem Corridor verlor und keine Zeit mehr hatte danach zu greifen. Uebrigens fanden sie aber ihre Schwestern auch diesmal zu Hause.
Der Schuh kam in den Besitz des Königssohns und dieser verbarg ihn sorgfältig. Nach einiger Zeit wurde der Königssohn sehr krank, die besten Aerzte waren nicht im Stande ihm zu helfen, und der Vater war schon in Verzweiflung um seinen Sohn, da erklärte ihm ein fremder Arzt, dieser Krankheit könnte nur mit einer Hochzeit geholfen werden, denn der Jüngling wäre[43] liebeskrank. Der Vater bat ihn darum, seine Liebe zu gestehen und er sollte seine Ersehnte haben wer sie auch sein möchte. Der Jüngling zeigte den Schuh und gestand, er wünschte nur die welcher der Schuh gehöre. Es wurde daher im ganzen Reiche bekannt gemacht, folgenden Sonntag sollten alle Frauen des Landes zusammenkommen um den Schuh zu probiren, und welcher er vollkommen an den Fuß paßte, die sollte des Königssohnes Frau werden.
Am Sonntag strömten nun die Weiber in großen Haufen in die Haupstadt, und von den drei Schwestern blieben die beiden ältesten auch nicht zurück, nachdem sie mit der Hülfe ihrer kleinen Schwester ihren Fuß mit einem Messer tüchtig abgeschabt hatten, damit er kleiner wäre. Als sie weg waren machte sich auch die Jüngste auf, schlug den Bruder des verlornen Schuhes in ein Tuch, schwang sich in ihrem schönsten Kleide auf ihr Zauberpferd und sprengte zu dem angesagten Platze. Unterwegs traf sie ihre Schwestern, und machte einen Satz in eine Pfütze, so daß sie sie ganz mit Schmutz bespritzte. So wie sie erschien, krachten hundert Kanonenschüsse und alle Glocken klangen; aber sie wollte ihren Schuh ohne Probe[44] nicht anerkennen und machte darum die Probe. Der Schuh paßte an ihren Fuß wie angegossen, und nachdem sie auch den andern vorgezeigt hatte, wurde sie mit dreihundert Kanonenschüssen als die künftige Königin begrüßt. Sie nahm die Begrüßung an, aber nur unter der Bedingung, daß der König ihrem Vater sein verlornes Königreich wiedergäbe. Als das geschehen war, wurde sie die Frau des Königssohnes, ihre Schwestern aber wurden wieder zurückgeführt zu dem jetzt reichen und mächtigen Könige, ihrem Vater, wo sie noch leben wenn sie nicht gestorben sind.
II, S. 354.
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