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[132] Ein mann ging in den wald um holz zu hauen. Er hieb eine zeit lang, und es wurde schon abend. Jetzt musste er schon irgendwo übernachten. Er wanderte eine zeit lang und fand im walde ein haus. Er bat um nachtlager in dem haus. Der hauswirt erlaubte ihm zu übernachten.
Der hauswirt hatte nur ein grosses auge mitten an der stirn. Der mann kletterte auf das bettregal hinauf um zu übernachten. Er liegt eine zeit lang, darauf horcht er eine weile und (hört dass) der hauswirt das messer schleift. Darauf fängt der wirt an die stube zu heizen. Der wandersmann meint schon: »Er will mich schlachten!« und sagt dem einäugigen manne: »Schlachte mich nicht! Ich werde dir zwei augen machen. Du hast nur ein auge, und damit siehst du nicht scharf. Wenn ich dir ein auge mache, so siehst du was immer!«
Darauf schickte der mann den einäugigen nach einem stricke und sagte: »Beim einsetzen des auges muss man (dich) mit dem stricke binden«. Der einäugige mann holte den strick, und der augenmacher fesselte ihn mit dem stricke und sagte: »Wenn ich (dich) nicht fessele, wird dein auge schief!« Darauf holte der augenmacher ein brenneisen, glühte es und stiess das brenneisen mitten in das auge hinein.
Darauf ging er auf den hof hinaus, aber der einäugige mann schreit laut in der stube und sagt: »Mein auge sieht ja gar nichts mehr! Du hast mich betrogen! Du vermagst aber nicht aus dem hof hinauszukommen! Die pforte ist zu und der zaun ist hoch!«
Der augenmacher sieht auf dem hof eine ziege und sagt: »Die muss ich schlachten!« Er schlachtete die ziege und zog das fell an. Darauf fing er an wie eine ziege zu blöken, damit der wirt (die vermeintliche ziege) ins feld hinausliesse.[133]
Als der hauswirt das blöken der ziege hört, geht er aus der stube und sagt: »Ich muss die ziege ins feld hinauslassen«. Darauf öffnet er die pforte, streichelt die ziege über den rücken und (findet dass) die haare einer ziege zugehören. Er meinte: »die ziege habe ich hinausgelassen«, aber er liess einen menschen hinaus. Der augenmacher lief lachend weg und sagte: »Und dennoch hast du mich hinausgelassen!«1
1 | Vgl. die Polyphemussage. |