Aldehȳd

[284] Aldehȳd (Acetaldehyd, Äthylaldehyd, Äthylidenoxyd, Äthanal) C2H4O oder CH3.CHO, findet sich im Vorlauf von der Spiritusrektifikation, in den Destillationsprodukten der vergornen Runkelrübenmelasse, auch im Wein und Obstwein, entsteht bei Oxydation von Alkohol, bei trockner Destillation von essigsaurem mit ameisensaurem Kalk, bei Einwirkung von Wasserstoff im Entstehungsmoment auf Acetylchlorid oder Essigsäureanhydrid, beim Erhitzen von Acetylen mit Wasser auf 325° und wird dargestellt, indem man Alkohol mit Chromsäure behandelt. Das Destillat wird in ätherischer Lösung mit Ammoniak[284] gesättigt und das ausgeschiedene Aldehydammoniak mit verdünnter Schwefelsäure destilliert. Technisch wird A. aus dem Vorlauf der Spiritusfabriken durch fraktionierte Destillation gewonnen. Er bildet eine farblose Flüssigkeit vom spez. Gew. 0,8, riecht ätherartig erstickend, mischt sich mit Wasser, Alkohol und Äther, ist höchst flüchtig und sehr leicht entzündlich, siedet bei 20,8°, brennt mit leuchtender Flamme, reagiert neutral und oxydiert sich an der Luft schnell zu Essigsäure C2H4O2. Er bildet mit Ammoniak kristallisierendes Aldehydammoniak, ebenso mit saurem schwefligsaurem Natron eine kristallisierende Verbindung. Setzt man zu A. etwas Ammoniak und dann salpetersaures Silber, so bedeckt sich das Gefäß mit einem schönen Silberspiegel. A. ist Alkohol C2H6O minus Wasserstoff, daher der Name: Al(cohol)dehyd (rogenatus), und durch Wasserstoff im Entstehungsmoment wird er zu Alkohol reduziert. Man benutzt A. zur Darstellung von Teerfarben, Krotonchloral und Silberspiegeln und als Zusatz zu Fruchtäthern. Bei Gegenwart von Spuren fremder Beimengungen bildet A. sehr leicht polymere Modifikationen. Unter 0° entsteht Metaldehyd (C2H4O)3, der farblose, bei 112–115° sublimierende Nadeln bildet und, anhaltend auf 60° erwärmt, sich in A. und Paraldehyd (C2H4O)3 verwandelt. Dieser entsteht wie der vorige, aber bei gewöhnlicher Temperatur, bildet eine klare, farblose Flüssigkeit, riecht ätherisch erstickend, schmeckt brennend kühl, spez. Gew. 0,994 bei 20°, siedet bei 124°, erstarrt in der Kälte kristallinisch und schmilzt dann wieder bei 10,5°. Er mischt sich mit Alkohol und Äther, löst sich in kaltem leichter als in warmem Wasser und dient als schlafmachendes Arzneimittel und zur Linderung von Atemnot.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 284-285.
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