Aloë [2]

[359] Aloë, der eingekochte Saft der Blätter verschiedener Aloe-Arten. Zur Darstellung läßt man den Saft aus den abgeschnittenen Blättern freiwillig ausfließen oder gewinnt ihn durch Pressen oder Extrahieren der Blätter, verdampft ihn in Kesseln und gießt ihn dann in Kisten. Man unterscheidet glänzende A. (A. lucida) und Leberaloe (A. hepatica). Zur erstern gehört die Kapaloe (aus Kapstadt, der Algoa- und Mosselbai), eine dunkelbraune, völlig amorphe Masse, die leicht in glasglänzende, scharfkantige Stücke und völlig durchsichtige Splitter zerbricht und ein bräunlichgelbes Pulver gibt. Sie riecht eigentümlich, schmeckt sehr bitter, ist nicht unzersetzt schmelzbar, löst sich zur Hälfte in kaltem, vollständig in 12 Teilen heißem Wasser, doch scheidet sich beim Erkalten reichlich die Hälfte, das Aloeharz, wieder ab. Mit Alkohol gibt sie eine klare Lösung, in Äther ist sie unlöslich. Die Kapaloe besteht aus etwa 59,5 Proz. in Wasser löslichem amorphen Aloetin (Aloebitter), 32,5 Proz. nicht bitterm Harz und 8 Proz. Verunreinigungen nebst Spuren von ätherischem Öl. Hierher gehört auch die Curassao-A. von Curassao, Bonaire und Aruba. Leberaloe ist undurchsichtig, hell- oder dunkelbraun und mehr oder weniger makro- oder mikrokristallinisch. Die Sorten der Leberaloe enthalten verschiedene kristallisierbare, gelbe, geruchlose, sehr bitter schmeckende, neutrale, in Wasser, Alkohol und Äther lösliche Aloine, die mit Salpetersäure Chrysaminsäure liefern. Hierher gehört die Natalaloe, die ostafrikanische A. (Sansibaraloe, A. socotrina), die über Bombay in den Handel kommt, und die Barbadosaloe. – Man benutzt A. als ein Abführmittel, als ein die Verdauung unterstützendes Bittermittel und gibt sie auch bei Hämorrhoidalstockungen, weil sie die Neigung zu Blutungen befördert, und bei träger Menstruation. In der Technik dient sie zum Beizen von Holz und zur Darstellung von Chrysaminsäure. A. war schon den Alten bekannt. Als uralte Produktionsstätte gilt Sokotora. Auch im Mittelalter war sie geschätzt. Im 10. Jahrh. wird sie in angelsächsischen Schriften und im 12. Jahrh. in deutschen Arzneibüchern erwähnt. Spätestens im 16. Jahrh. gelangte A. vulgaris nach Westindien, und 1693 war Barbadosaloe auf dem Londoner Markt. Seit 1773 wurde am Kap A. dargestellt. Vgl. Aloeholz.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 359.
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