[390] Barock (ital. barocco, franz. baroque), eigentlich »schiefrund« (von Perlen gebraucht), dann soviel wie unregelmäßig, seltsam, wunderlich. Der Ausdruck kommt nach einigen vom portugiesischen barroco (rohe, ungleich geformte Perle), nach andern vom italienischen parrucca (Perücke) her und dient bei Erscheinungen des Lebens zur Bezeichnung des Ungereimt-Seltsamen, Launenhaft-Wunderlichen, das bis ins Unverständliche und Närrische geht. Es entsteht hauptsächlich durch den Widerspruch zwischen Mittel und Zweck, zwischen Form und Inhalt, dem Ausdruck und der Darstellung und dem ihnen zu Grunde liegenden Gedanken, durch die Disharmonie der einzelnen Teile eines Ganzen etc. und nähert sich dem Bizarren, hat aber mehr noch als dieses den Nebenbegriff des Komischen. Die Ästhetik erlaubt dergleichen Abweichungen von der Grundregel des Schönen nur dann, wenn wirklich eine lächerliche oder durch den Kontrast erschütternde Wirkung hervorgebracht werden soll, z. B. in der niedern Komik, in gewissen Musikstücken, in denen seltsame Tonverbindungen, fremdartige Modulationen u. kontrastierende Rhythmen etc. gehäuft werden, um einen bestimmten Effekt hervorzubringen. In der Kunstgeschichte versteht man insbes. unter B. (Barockstil) die Ausbildung der Renaissance, die schon im 16. Jahrh. in Italien unter dem Einfluß der letzten Werke Michelangelos beginnt und im 17. und 18. Jahrh. zur Herrschaft in allen Ländern Europas gelangt, bis sie im ersten Drittel des 18. Jahrh. in den Rokokostil übergeht. Sie charakterisiert sich dadurch, daß die Renaissanceformen ins Derbe, Starkausladende, Schwülstige umgebildet werden, wodurch zwar die schlichte Anmut der ältern Werke verloren geht, aber oft auch eine sehr malerische, kraftvolle und monumentale Wirkung erreicht wird. Das malerische Element war im Barockstil überhaupt das Maßgebende, daher das Verschwinden der geraden Linie, die Verkröpfungen etc. in der Baukunst (s. Tafel »Architektur XII«); die bauschigen Gewänder, die aufgeblasenen, verdrehten Formen, die ihren plastischen Halt verloren haben, in der Plastik (s. auch Tafel »Buchschmuck I«, Fig. 3). Bernini, Borromini, Rubens, Luca Giordano u. a. sind die Hauptvertreter des Barockstils, der in neuester Zeit wieder gerechter gewürdigt wird und namentlich in der Baukunst wegen seiner Prachtentfaltung und seiner Fähigkeit monumentaler Raumbildung stark in Aufnahme gekommen ist. Vgl. Schumann, Barock und Rokoko (Leipz. 1885); Wölfflin, Renaissance und B. (Münch. 1888); Gurlitt, Geschichte des Barockstils etc. (Stuttg. 188789); Schmarsow, B. und Rokoko (Leipz. 1897); weiteres unter »Architektur«, S. 722 f.