Baufach

[467] Baufach, technischer Berufszweig, dessen Angehörige sich als Architekten (Hochbauer) mit der Ausführung von Gebäuden oder als Bauingenieure mit der von Wasser-, Eisenbahn-, Straßen-, Meliorations- u. städtischen Tiefbauten beschäftigen. Während früher der Baubeflissene diese gesamten Zweiggebiete des Baufaches beherrschen mußte, sind mit der gewaltigen Entwickelung der technischen Wissenschaften die einzelnen Facher getrennt und der Ausbildungsgang[467] der Angehörigen des Baufaches demgemäß gestaltet worden. Nach Absolvierung eines Gymnasiums, eines Realgymnasiums oder einer Oberrealschule werden in Preußen auf einer Technischen Hochschule zwei Jahre, bereits nach der Fachrichtung getrennt, allgemeine Wissenschaften studiert und vorbereitende künstlerische Übungen getrieben. Dann ist eine Vorprüfung in diesen Fächern zu bestehen, es folgt ein zweijähriges Fachstudium und nach seinem Abschluß die Bauführer-Prüfung. Ist diese bestanden, so schließt sich eine dreijährige, vom Staat geleitete praktische Ausbildung als Regierungsbauführer an, danach wird die Baumeister-Prüfung abgelegt, durch deren Bestehen sich der Kandidat den Titel Regierungsbaumeister und, wenn er in den Staatsdienst eintritt, königlicher Regierungsbaumeister erwirbt. Als solcher ist er Beamter und wird bis zu seiner Anstellung als Bauinspektor etc. (s. Bauamt) diätarisch beschäftigt. Die Privatarchitekten oder Zivilingenieure (s. d.) machen häufig den gleichen Ausbildungsgang durch und unterziehen sich auch zur Erlangung des Titels Regierungsbaumeister den betreffenden Prüfungen. Andernfalls suchen sie nach Absolvierung einer Schule oder nach Erlangung des Einjährig-Freiwilligen-Zeugnisses ihre sachliche Ausbildung in der Praxis oder im Atelier eines Privatarchitekten oder -Ingenieurs, studieren wohl auch eine Zeitlang als Hospitanten auf einer technischen Hochschule. Vgl. »Vorschriften über die Ausbildung und Prüfung für den Staatsdienst im B.« (Berl. 1900). – In Österreich werden die Kandidaten des höhern Baufaches auf der Bauschule der Technischen Hochschule oder auf der Architekturschule der Akademie der bildenden Künste, beide in Wien, vorgebildet. Auf der Technischen Hochschule bilden sie die »ordentlichen« Hörer, für die ein staatsgültiges Maturitätszeugnis vorgeschrieben ist (für die außerordentlichen Hörer fällt diese Bestimmung fort). Die Besucher der Architekturschule der Akademie der bildenden Künste kommen zumeist von der Staatsgewerbschule in Wien (also einer gewerblichen Mittelschule), zum geringen Teil sind es auch absolvierte Techniker der Technischen Hochschule.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 467-468.
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