Castilho

[804] Castilho (spr. -ilju), Antonio Feliciano, portug. Dichter, geb. 26. Jan. 1800 in Lissabon, gest. daselbst 17. Juni 1875, erblindete im sechsten Jahr infolge der Blattern fast gänzlich, studierte trotzdem in Coimbra Rechtswissenschaft, mit noch größerm Eifer aber Naturkunde und schöne Literatur und machte sich gleich mit seiner ersten bukolischen Dichtung: »Cartas de Echo e Narcisso«, die er noch als Student veröffentlichte, einen gefeierten Namen. Ein Amt, das ihm König Johann VI. zur Belohnung seines wissenschaftlichen Eifers verliehen hatte, wurde später aufgehoben; unter Dom Miguels Herrschaft mußte er flüchten. Nach längerm Aufenthalt auf den Azoren kehrte er nach Lissabon zurück, ward Mitglied der Akademie der Wissenschaften sowie Generalkommissar des Volksunterrichts und zum Vicomte erhoben. Von Originaldichtungen erschienen noch: »A Primavera« (Gedichtsammlung, 2. Aufl., Lissab. 1837); »Amor e Melancolia, ou a novissima Heloisa« (Coimbra 1828), beide idyllischen Geistes und in den von den portugiesischen »Arkadiern« mit Vorliebe verwendeten einfachen Weisen; »A noite do castello« (Lissab. 1836) und »Ciumes do Bardo« (1838), in denen er sich der romantischen Schule anschloß, um jedoch schnell wieder zur arkadischen Geschmacksrichtung zurückzukehren in »Excavações poeticas« (das. 1844), »Mil e um mysterios« (das. 1845) und seiner letzten Gedichtsammlung »O Outono« (das. 1865). Castilhos Poesien zeichnen sich durch elegischen Wohllaut, Gefühlsinnigkeit und besonders zartsinnige Naturschilderungen aus. Auch als Übersetzer, z. B. der »Metamorphosen« (1841) und »Fasten« (1859) des Ovid, der »Georgica« des Vergil (1865), war er tätig. Einige Lustspiele Molières und Perrot-Dumesnils »Camões« nationalisierte er in freien Nachbildungen; bei Goethes »Faust« und Shakespeares »Sommernachtstraum« gelang es ihm nicht, dasselbe Ziel zu erreichen. Seine Biographie veröffentlichte sein Sohn Julio de C. (»Memorias de C.«, Lissab. 1881–1903). Vgl. auch Braga, Historia do romantismo em Portugal (Lissab. 1880).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 804.
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