Catullus

[815] Catullus, Gajus Valerius, röm. Dichter, um 84–54 v. Chr., geb. in Verona, aus begüterter Familie, kam jung nach Rom und lebte hier im Verkehr mit angesehenen Männern, wie Hortensius, Cornelius Nepos, Cicero u. a. Das Unglück seines Lebens war die von ihm unter dem Namen Lesbia besungene Clodia, die ebenso schöne wie lasterhafte Schwester des berüchtigten Clodius und Gattin des Metellus Celer, die er noch liebte, als er sie schon verachten gelernt und aufgegeben hatte. Am politischen Leben beteiligte er sich nicht. Doch griff er Pompejus und Cäsar, den Gastfreund seines Vaters, und dessen liederlichen Günstling Mamurra aufs heftigste an, suchte aber später Aussöhnung mit Cäsar, die ihm großmütig gewährt wurde. Wir besitzen von ihm noch 116 Gedichte in einer derart geordneten Sammlung, daß die größern, 61–68, in der Mitte stehen und einerseits von den kleinern in iambischen und lyrischen Maßen, anderseits von den Epigrammen in elegischem Maß eingeschlossen sind. Teils beziehen sie sich auf das wechselnde Verhältnis zu Lesbia, teils sind sie an Freunde gerichtet, teils boshafte Epigramme, andre, namentlich die größern, sind nach alexandrischen Mustern gedichtet, wie das Epyllion von der Hochzeit des Peleus und der Thetis und die Bearbeitung der verlornen Elegie des Kallimachos: »Das Haar der Berenike«, die Elegie an Attius. C. ist ein hochbegabter Dichter und unstreitig der größte römische Lyriker. Ein Mann von starken Empfindungen in Liebe und Haß, gibt er dieser frei von der den römischen Dichtern anhaftenden Rhetorik den unmittelbarsten Ausdruck in einer der augenblicklichen Stimmung sich wunderbar anpassenden Sprache. Auch wo er fremde Manier nachahmt, zeigt sich doch immer der eigne Geist. Neuere Ausgaben von Lachmann (3. Aufl., Berl. 1874), Schwabe (Gießen 1866 u. Berl. 1886), Ellis (2. Aufl., Oxf. 1878; Kommentar, 2. Aufl., das. 1889), Haupt (mit Tibull und Properz, 5. Aufl., Leipz. 1885), L. Müller (das. 1878), Bährens (u. Aufl., das. 1893, Kommentar 1885), [815] Riese (das. 1884), Schmidt (das. 1887). Übersetzungen von Th. Heyse (2. Aufl., Berl. 1889), Hertzberg und Teuffel (Stuttg. 1862), Pressel (3. Aufl., Berl. 1891), Westphal (»Catulls Gedichte in ihrem geschichtlichen Zusammenhang übersetzt und erläutert«, 2. Aufl., Bresl. 1870; »Buch der Lieder«, Leipz. 1884) u. a. Vgl. Ribbeck, C., eine literarhistorische Skizze (Kiel 1863).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 815-816.
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