Chambord [2]

[869] Chambord (spr. schangbōr), Heinrich Karl Ferdinand Marie Dieudonné von Artois, Herzog von Bordeaux, Graf von, geb. 29. Sept. 1820 in Paris als Sohn des am 13. Febr. 1820 er mordeten Herzogs Karl Ferdinand von Berry, gest. 24. Aug. 1883 in Frohsdorf, erhielt den Titel eines Herzogs von Bordeaux. Da seine Geburt den Fortbestand der legitimen Dynastie sicherte (vgl. die Textbeilage zum Art. »Bourbon«, S. 1), ward er als »ein von Gott geschenktes Wunderkind« gefeiert; ein Berein von Legitimisten schenkte ihm 1. Mai 1821 die Domäne C. Nach der Julirevolution mußte C. nach Prag gebracht werden, wo man ihn im Sinne des Ultramontanismus und Absolutismus erzog. Nach Karls X. Tode (6. Nov. 1836) wurde C. von den Legitimisten als der rechtmäßige König Heinrich V. angesehen. Er reiste, stürzte 1841 mit dem Pferde so,[869] daß er einen hinkenden Gang behielt, ließ sich in Görz nieder und nahm nach dem Tode des Herzogs von Angoulême den Titel eines Grafen von C. an. Das Vermögen von 5 Mill. Frank, das ihm der Herzog von Blacas hinterlassen, erlaubte ihm eine fürstliche Hofhaltung. Am 16. Nov. 1846 vermählte er sich mit der Prinzessin Maria Theresia von Modena (geb. 14. Juli 1817, gest. 25. März 1886 in Görz) und nahm seinen Aufenthalt in Frohsdorf bei Wien. Die Ehe blieb kinderlos. Sowohl nach der Februarrevolution als nach dem Sturz des zweiten Kaiserreichs 1870 versuchte die legitimistische Partei C. als Heinrich V. auf den Thron zu erheben. Beide Male scheiterte der Versuch, 1873 an der Weigerung des Grafen, die Trikolore anstatt des weißen Lilienbanners anzunehmen und sich auf eine Verfassung im voraus zu verpflichten. Da er auf die eignen Fähigkeiten geringes Vertrauen setzte und an seinen klerikal-absolutistischen Überzeugungen ehrlich festhielt, zog er das Leben eines reichen Landedelmanns den Gefahren des französischen Thrones vor. Seine Thronansprüche gingen auf die Orléans über. Vgl. Nettement, Henri de France (Par. 1872), und seine Biographien von Nouvion und Landro die (das. 1884) und Dubose de Pesquidoux (das. 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 869-870.
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