Deichbruch

[591] Deichbruch kann entstehen durch Quellöcher, die sich im Deiche bilden, durch Wellenschlag, durch Überlauf des Wassers, durch Abrutschen der Böschungen, durch Risse infolge von weichem, moorigem Untergrund und endlich wenn der weiche Untergrund durch starken Wasserdruck herausgepreßt wird. Strombruch nennt man den D., wenn das Wasser in das Binnenland strömt, das Vorland samt dem Deich also vollständig abgebrochen ist. Beim Grundbruch, der am häufigsten eintritt, ist die Deichsohle oder der Untergrund ausgerissen, das Vorland zwischen Deich und normalem Wasser ist aber erhalten. Ist die Deichsohle nicht beschädigt, sondern nur der Deich selbst weggerissen, so spricht man von einem gewöhnlichen D., wogegen Beschädigungen der Krone des Deiches, der Deichkappe, ohne Verletzung des eigentlichen Deichkörpers, mit Kappstürzungen bezeichnet werden. Durch die heftige Strömung, die im D. entsteht, werden nach dem Binnenland sich erstreckende, oft sehr tiefe Kolke gebildet. Die Wiederherstellung der Deiche geschieht nach drei Verfahrungsarten: Bei der Auslage bleibt der Kolk im Binnenland, und man führt den neu zu errichtenden Deich außen um den Kolk herum. Dies Verfahren ist ungünstig, weil der neue Deich vorspringt und deshalb Beschädigungen durch Wellenschlag, Eisgang und Strömung leicht ausgesetzt ist, und weil hinter ihm dee tiefe Kolk verbleibt, der für alle Zeit der Nutzung entzogen ist und Veranlassung zu Quellen und Abrutschungen gibt. Die Auslage ist wegen der geringen Länge des neuen Deiches die billigste Herstellungsweise, sie wurde früher ganz allgemem angewendet, wird aber heutzutage kaum noch gestattet. Bei der Einlage bleibt der Kolk außendeichs, damit er im Laufe der Jahre versanden oder verschlammen und demnächst wieder nutzbar gemacht werden kann. Die neu herzustellende Deichlinie ist in diesem Falle bedeutend länger und kostspieliger, es ist aber das sicherste Verfahren und wird nur dann nicht ausgeführt, wenn der Kolk sich übermäßig weit nach dem Binnenland erstreckt. Die Durchdeichung behält die frühere Deichlinie bei und empfiehlt sich wegen der geringen Länge stets, wenn der entstandene Kolk nicht zu tief ist. Man füllt alsdann den Kolk am besten ganz aus und nimmt hierzu den etwa in der Nähe abgelagerten, aus dem Kolke fortgespülten Sand. Die Wiederherstellung des Deiches beginnt, sobald das Vorland wasserfrei und zur Entnahme von Deicherde geeignet ist, doch kann ein Abbau oder Zuschluß des Deichbruches, zumal beim Strombruch, schon früher notwendig werden, um das Eindringen des Wassers in das Binnenland zu unterbrechen. Sind die vorhandenen Siele nicht imstande, das eingedrungene Wasser allein abzuleiten, so muß man den Deich am untern Ende der Eindeichung durchstechen, um einen sogen. Rückbruch, also einen Bruch von innen nach außen, zu verhindern.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 591.
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