[686] Elektroskop, Instrument zur Schätzung der Elektrischen Spannung (s. d.). Es beruht auf dem Prinzip der Abstoßung oder Anziehung leicht beweglicher Körperteile durch die freie Elektrizität.
Ein Holundermarkkügelchen, an einem seinen Leinenfaden aufgehängt, ist durch die Anziehung, die es durch einen elektrisierten Körper erfährt, schon geeignet, als E. zu dienen. Meist wendet man jedoch zwei nebeneinander hängende, sehr leicht bewegliche Pendel von Strohhalmen oder Holundermarkkügelchen oder bei sehr geringen Mengen freier Elektrizität Gold- oder Aluminiumblattstreifen an, die, wie in der Abbildung, unter einer Glasglocke an einem Metallstab befestigt sind, der außen mit einer kleinen Kugel oder Platte in Verbindung steht. Die geringste Menge von Elektrizität, die man der äußern Platte mitteilt, bewirkt, daß die beiden Pendel voneinander divergieren. Elektrizität von verschiedener Spannung wird die Pendel[686] verschieden stark voneinander entfernen. Halt man einen elektrischen Körper, z. B. eine geriebene Glasstange, in einiger Entfernung über die Platte, so gehen die Pendel auseinander mit positiver Elektrizität; der positiv elektrische Glasstab hat nämlich in dem Metallkörper des Elektroskops Verteilung bewirkt, indem er positive Elektrizität in die Pendel trieb, negative in die Platte heranzog. Berührt man jetzt die Platte mit dem Finger, so entweicht die abgestoßene positive Elektrizität, und die Pendel fallen zusammen, während die negative Elektrizität in der Platte zurückbleibt. Wird nun nach Wegnahme des Fingers auch der Glasstab entfernt, so verbreitet sich diese negative Elektrizität über den ganzen Metallkörper und zwingt die Pendel, auseinander zu gehen. Das E. ist demnach mittels des positiven Glasstabes mit negativer Elektrizität dauernd geladen. Mittels einer geriebenen Kautschuk- oder Siegellackstange hätte man es auf dieselbe Weise positiv laden können. Nähert man dem negativ geladenen E. den Glasstab wieder, so gehen die Pendel mehr zusammen, weil der Glasstab durch seine verteilende Wirkung positive Elektrizität in die Pendel treibt und negative aus ihnen herauszieht und somit ihre negative Spannung vermindert; nähert man dagegen eine negativ elektrische Siegellackstange, so wird eine neue Menge negativer Elektrizität in die Pendel getrieben, und sie gehen weiter auseinander. Das geladene E. gibt also nicht bloß über das Vorhandensein von freier Elektrizität in dem zu prüfenden Körper, sondern auch darüber Aufschluß, ob diese Elektrizität positiv oder negativ ist, indem die Pendel im erstern Fall bei positiver, im letztern Fall bei negativer Ladung weiter auseinander gehen. Aus dem Zusammengehen der Pendel dagegen kann man noch nicht schließen, daß der genäherte Körper elektrisch ist. Denn die Pendel gehen auch zusammen, wenn man die Hand oder irgend einen andern unelektrischen Leiter dem geladenen E. nähert. Die auf dem Metallkörper des Apparats verbreitete Elektrizität wirkt nämlich verteilend auf die beiden Elektrizitäten der Hand: die abgestoßene gleichnamige entweicht in den Boden, während die angezogene ungleichnamige in der Hand festgehalten wird und zugleich einen Teil der Elektrizität des Apparats in die Platte herauszieht und festhält, so daß die elektrische Spannung auf den Pendeln geschwächt wird. Man begreift jetzt auch, warum ein elektrischer Körper einen unelektrischen, z. B. die Holundermarkkugel des elektrischen Pendels, anzieht. Er trennt in ihr zunächst die beiden Elektrizitäten, und da hierbei die ungleichnamige näher an ihn herankommt, so zieht er diese stärker an, als er die weiter zurückgedrängte gleichnamige abstößt. Kommt nun die Kugel mit dem elektrischen Körper, z. B. einem geriebenen Glasstab, in Berührung, so wird ihre durch diese Verteilung hervorgerufene negative Elektrizität durch eine gleichgroße Menge positiver Elektrizität des Glasstabes aufgehoben, die positive Verteilungselektrizität aber bleibt auf dem Kügelchen zurück und bewirkt, daß es nun vor der Glasstange flieht. Man sieht also, daß der Vorgang, der auf den ersten Blick als eine Mitteilung von positiver Elektrizität von seiten des Glasstabes an das Kügelchen erscheint und in seinem Erfolg einer solchen auch gleichkommt, eigentlich in einem Austausch gleicher Mengen entgegengesetzter Elektrizität zwischen dem Kügelchen und dem Glasstab besteht.