Kautschuk

[786] Kautschuk (Federharz, Gummi, Gummielastikum, Resina elastica [hierzu Tafel »Kautschukpflanzen I u. II« mit Text]), ein im Pflanzenreich weitverbreiteter Stoff, der aus dem Milchsaft mehrerer Pflanzen gewonnen wird.

Vorkommen und Gewinnung.

Die Kautschukpflanzen gehören meist den Familien der Euphorbiazeen, Apocynazeen und Morazeen an. Von den wichtigsten Kautschukpflanzen gehören zu den Euphorbiazeen mehrere Arten der Gattung Hevea, Manihot Glaziovii und Sapium verum, alle in Südamerika, zu den Apocynazeen mehrere Arten der Gattung Landolphia und Kickxia elastica, beide in Afrika, Hancornia in Südamerika und die Arten der Gattung Willoughbya in Südasien. Morazeen sind der südasiatische Gummibaum Ficus elastica und die südamerikanische Castilloa elastica. Beschreibung und Abbildung dieser Pflanzen s. auf den beifolgenden Tafeln. Als minder wichtige Kautschukpflanzen kommen noch in Betracht von amerikanischen Gewächsen drei Arten: Forsteronia floribunda Müll. Arg., eine Liane aus der Familie der Apocynazeen, die in den Wäldern Jamaikas einheimisch ist und einen sehr guten Milchsaft liefert, der aber bisher nur probeweise nach Europa gekommen ist; ferner Brosimum Galactodendron D. Don, der sogen. Kuhbaum Südamerikas, dessen Milchsaft als Nahrungsmittel dient, aber auch mit Harz gemischten K. enthalten soll; und ferner Couma utilis Müll. Arg., ein Baum Nordbrasiliens aus der Familie der Apocynazeen, in dessen Milchsaft K. enthalten ist, der von den Eingebornen zum Dichtmachen von Gefäßen und Booten benutzt wird. Der sogen. Wurzelkautschuk, der aus dem nördlichen Kongogebiet und Angola in den Handel gelangt, wird gewonnen aus den kriechenden, etwa fingerdicken Wurzelstöcken mehrerer Arten der Gattungen Carpodinus und Clitandra aus der Familie der Apocynazeen. Es sind krautige, schmalblätterige, noch nicht meterhohe Pflanzen. Ursprünglich leitete man den Wurzelkautschuk von Carpodinus lanceolatus K. Seh und Clitandra Henriquesiana K. Sch. ab, jetzt aber glaubt man, daß mehrere Arten dieser Gattungen K. liefern, andre aber nur Milchsaft, aus dem kein technisch verwendbares Produkt zu gewinnen ist. In Ostafrika liefert eine Apocynazee (Mascarenhasia elastica K. Sch.), die vielfach an sumpfigen Bachufern wächst, den von den Eingebornen Mgoa genannten K. Da vermutlich dieses Produkt bisher gemischt mit dem Landolphiakautschuk in den Handel gebracht wurde, ist es nicht unwahrscheinlich, daß es in größerm Quantum von den Eingebornen gewonnen wird, als man bis jetzt annimmt. Auch die auf Madagaskar unter dem Namen Hazondrano vorkommende Kautschukpflanze gehört wahrscheinlich der Gattung Mascarenhasia an. Von Ficus-Arten, die zahlreich im tropischen Afrika vorkommen, ist nur eine mit Sicherheit als Kautschukpflanze bekannt; es ist dies Ficus Vogelii Miq., die an der Elfenbeinküste, bei Kap Palmas und an der Goldküste einen Teil des dort ausgeführten Kautschuks liefert, der aber nur von mittelmäßiger Qualität ist. Auf Neuguinea gewinnen die Eingebornen aus Ficus Rigo (Maki), einem 15 m hohen Baum, der zuerst als Epiphyt, dann als Baumwürger lebt und im Wald und auf Grasflächen wächst, einen guten K. Da aber der Baum nur auf beschränktem Gebiet sich findet und von den Eingebornen sehr unvernünftig behandelt wird, so dürfte er bald ausgerottet sein, falls man ihn nicht in Kultur nimmt. Nach seinen Eigenschaften verdient er die ernsteste Beachtung für Kaiser Wilhelms-Land. Von der Apocynazeengattung Tabernaemontana sollen eine oder mehrere Arten auf der Insel São Thomé einen zwar guten K. geben, aber in so geringen Quantitäten, daß es sich nicht lohnt, die Bäume anzuzapfen. Schließlich sind noch zwei Urceola-Arten, nämlich U. esculenta Benth. und U. elastica Roxb., gleichfalls Apocynazeen, als Kautschuklieferanten bekannt, wie überhaupt noch eine ganze Anzahl Pflanzen aus verschiedenen Gattungen dieser Familie im Rufe stehen, K. zu liefern; meist sind die Nachrichten darüber aber sehr unsicher.

Die ursprünglich allgemein übliche rücksichtslose Ausbeutung der Kautschukpflanzen durch die Ein gebornen hat veranlaßt, daß in manchen Gegenden die Bestände stark gelichtet, auch wohl vernichtet sind oder einer Ausrottung in absehbarer Zeit entgegengehen. In andern Gebieten müssen die Sammler sehr weit entfernte Gegenden aufsuchen, weil die näher liegenden erschöpft sind. Im allgemeinen hat die Kautschukproduktion in der neuesten Zeit durchaus nicht in dem Maß zugenommen, wie es bei dem steigenden Bedarf wünschenswert gewesen wäre. Asien nimmt wohl im Durchschnitt eher ab als zu; Afrika hält sich knapp auf der erreichten Höhe, und selbst das Amazonasgebiet scheint den Höhepunkt überschritten zu haben. Nun darf man damit rechnen, daß noch manche wichtige Kautschukpflanzen entdeckt werden, daß die zum Teil recht rohe Art der Gewinnung verbessert wird, so daß es gelingen dürfte, die Ergiebigkeit zu steigern und auch aus bisher wenig geachteten Pflanzen guten K. zu gewinnen. Am meisten aber ist von der Ausbildung der Kulturen in großem Maßstab zu erwarten. Es müssen für die einzelnen Länder die geeignetsten Kautschukpflanzen ausfindig gemacht und die zweckdienlichsten Kulturen ermittelt werden. Man wird dann auch maschinelle Einrichtungen verwerten können, die bei der verzettelten Kautschukgewinnung im Urwald durch ungebildete Eingeborne gar nicht in Betracht kommen.

K. findet sich im Milchsafte der Pflanzen in ähnlich seiner Verteilung wie Butter in der Milch. Die seinen Kautschukkügelchen sammeln sich beim Stehen des Milchsaftes an dessen Oberfläche in Form eines Rahmes. Außer dem K. enthält der Milchsaft die gewöhnlichen Pflanzenbestandteile, namentlich auch Eiweißkörper,[786] stickstofffreie Substanzen und Salze. Die Zusammenballung der Kautschukkügelchen erfolgt, indem der ganze Milchsaft durch Räuchern mit brennenden Palmnüssen oder durch Zusatz von Alkalien, Säuren oder Salzen oder durch Kochen zur Gerinnung gebracht wird. Hierbei koagulieren aber nur die Eiweißstoffe des eigentlichen Milchsaftes und kleben die kleinen Kautschuktröpfchen zusammen, wie im Blute das gerinnende Fibrin die Blutkörperchen. Infolgedessen ist der K. immer stark mit Eiweißstoffen durchsetzt und leicht geneigt, in Fäulnis überzugehen oder einen übeln Geruch anzunehmen. Demgegenüber ist der Versuch gemacht worden, die Kautschukteilchen durch Zentrifugieren von der übrigen Flüssigkeit zu trennen. In der Tat erwies sich der auf diese Weise abgesonderte K. als rein und geruchlos; durch Räuchern und die üblichen chemischen Mittel konnte er nicht mehr verändert werden.

Zur Gewinnung des Parágummis (Borracha), der jetzt etwa 40 Proz. der gesamten Kautschukproduktion bildet, machen die Sammler (Seringeros) in die Rinde der Hevea-Bäume (Seringueiras) mit eigentümlich geformten kleinen Äxten wenige Zentimeter tiefe Einschnitte, die das Holz nicht erreichen dürfen, weil sonst Bohrkäfer den Baum angreifen. Jeder Einschnitt liefert etwa 30 ccm Milch innerhalb 1–3 Stunden. Ein Baum mit einem Stammumfang von 1,25–2,5 m erträgt sehr gut 10–20 Schnitte aller 2 oder 3 Tage. Die Schnitte werden von oben nach unten fortschreitend in Horizontalreihen angebracht. Übrigens sind in fern abliegenden Gegenden auch andre Methoden des Anzapfens gebräuchlich. Der ausfließende Milchsaft, der angenehm, nicht unähnlich süßem Rahm schmeckt und genießbar ist, wird in Bechern aus Weißblech gesammelt, die man in größere Gefäße entleert, um ihn schnell weiter zu verarbeiten; er gerinnt schnell und liefert dann ein geringeres Produkt. Zur Verarbeitung entzündet man unter einem Rauchfang ein Feuer und wirft in dieses Palmennüsse (von Attalea excelsa, Maximiliana regia, Euterpe edulis), auch Schalen der Paranüsse. Ein flaches, ruderförmiges Stück Holz wird nun in die Milch getaucht und in den heißen dichten Rauch gehalten, wobei die Milch koaguliert, dann von neuem begossen und wieder geräuchert. Dies wiederholt man, bis der um das Holz entstehende Kautschukklumpen (Biskuit) die geeignete Größe hat. Man läßt diesen dann über Nacht trocknen und schneidet ihn auf, um ihn von dem Holz abzulösen. Diese Kautschukforte (Parafina, Entrefina) zeigt auf dem Querschnitt eine deutliche Schichtung, ist außen braun bis braunschwarz, aber schon in einer Tiefe von 1 cm bernsteingelb (Speckgummi, Gummispeck). Freiwillig geronnene Milch und andre Reste werden zu Klumpen zusammengepreßt, die sich an der Luft schwärzen (Sernamby, Scrappy, Coarse, Negerköpfe); sie stehen viel niedriger im Preise. Die Gewinnung des mittelamerikanischen Kautschuks aus Castilloa elastica erfolgt in ähnlicher Weise wie die des Parakautschuks, also durch Einschnitt; meist wird durch die unverständige Art des Anzapfens die Kambiumschicht des Baumes so beschädigt, daß dieser in kurzer Zeit zugrunde geht und die Bestände der Castilloa-Bäume sich sehr schnell verringert haben. Die Koagulation des Milchsaftes wird meist durch Zumischung des Saftes der Ipomoea bona nox, eines sehr häufigen, der Familie der Konvolvulazeen angehörenden Unkrautes, bewirkt. Alle diese Manipulationen werden aber von den Kautschuksammlern (Huleros) in roher und primitiver Weise vorgenommen, und der geringere Handelswerk des Castilloa-Kautschuks ist in erster Linie auf diesen Übelstand zurückzuführen.

Eine dritte Sorte amerikanischen Kautschuks ist das unter dem Namen Ceara scraps in den Handel kommende Produkt; es stammt von Manihot Glaziovii (Manicoba) und besteht aus kleinen Streifen oder Tränen, die meist aneinander kleben und zuweilen zu großen Klumpen zusammengepreßt sind; da es meist stark mit Sand und Pflanzenteilen verunreinigt ist, steht es geringer im Preis als guter Parákautschuk, wird auch in weit geringerer Masse zur Ausfuhr gebracht als dieser. Die Methode des Anzapfens ist sehr einfach und wird häufig schon an zweijährigen Bäumen vorgenommen. Die äußere Lage der Rinde wird bis zu 1–2 m Höhe hinauf abgeschabt; die Milch rinnt sofort hinunter und trocknet teils am Stamme fest, teils gelangt sie auf den Boden, auf dem man große Blätter ausgebreitet hat. Nach einigen Tagen werden die Stränge zusammengekratzt und zu Kugeln geformt; erst neuerdings ist man daran gegangen, die Milch in kleinen Zinngefäßen aufzufangen und auch mit dem Anzapfen zu warten, bis die Bäume 6–7 Jahre alt geworden sind. Zur Gewinnung des Mangabeirakautschuks aus Hancornia speciosa werden schräge Schnitte in die Rinde gemacht, und die Milch wird in kleinen Schalen aufgefangen; die Koagulation des Saftes wird mittels Alaunlösung zustande gebracht; der K. wird dann mit den Händen ausgepreßt und acht Tage lang an der Sonne getrocknet. Das Produkt kommt in der Form von großen Kuchen (sogen. Biskuits) in den Handel, die einen eigentümlichen süßlichen Geruch besitzen und sehr viel Wasser enthalten; infolge des beigemischten Alauns ist dieser K. wenig elastisch und wird mit der Zeit zerbrechlich, so daß sein Preis im Handel nur die Hälfte von gutem Parakautschuk beträgt; erst seitdem man neuerdings auf eine bessere Herstellung Wert gelegt hat, haben sich die Preise gehoben. Der Milchsaft mancher Landolphia-Arten koaguliert zum Teil sofort bei Zutritt der Luft, so daß man nur die Kautschukfäden aufzuwickeln braucht. Bei andern Arten befördert man die Gerinnung des Milchsaftes durch Salzwasser oder häufiger durch Bespritzen mit dem sauren Safte der im Munde gekauten Früchte der Landolphia-Arten. Bei andern Arten mit dünnflüssigerm Saft fängt man diesen in Kalebassen auf und bringt ihn durch Erhitzen oder Stehenlassen zum Gerinnen. Im Kongogebiet wird allgemein der saure Saft von Costus Lucanusianus (Bossanga), einer krautigen Zingiberazee, zur Koagulation benutzt. Zur Gewinnung des Wurzelkautschuks aus Carpodinus- und Cluandra-Arten werden die Wurzelstöcke zerschnitten, einige Tage der Sonne ausgesetzt, dann gegen zehn Tage in Wasser gelegt und hierauf mit Holzlatten geschlagen und schließlich gekocht. Das Produkt, das gewöhnlich in der Form von kleinen Würfeln (Thimbles) in den Handel kommt, ist sehr minderwertig und enthält bis zu 50 Proz. Rinden- und Holzstücke. Die Anzapfung von Ficus elastica (Gummibaum) geschieht wie bei andern Arten, indem man mit starken Messern oder Äxten Einschnitte macht, aus denen dann meist der geronnene Saft herausgekratzt wird. Das Produkt ist infolge von Verunreinigung häufig schwarz und klebrig und hat im Vergleich zu Parákautschuk nur einen geringen Handelswert.

Eigenschaften.

Der K. des Handels zeigt verschiedene Färbung, der geräucherte südamerikanische ist bräunlich bis braunschwarz,[787] der indische ist weiß, gelblich oder rötlich, fleckig, andre Sorten sind bläulich, auch gelblich und bräunlich. Aus Lösungen kann man durch Wasser bei Ausschluß der Luft farblosen K. fällen, der aber an der Luft dunkel wird. Je wasserreicher der K. ist, um so heller und undurchsichtiger ist er, wasserarmer K. ist dunkler, kantendurchscheinend, in dünner Schicht durchsichtig; der dunkle, geräucherte K. ist auf frischer Schnittfläche fettglänzend, der nicht geräucherte ist beinahe matt; stets ist K. geschmacklos, von schwachem charakteristischen Geruch, spez. Gew. 0,92–0,96; bei Temperaturen bis 0° ist er höchst elastisch, in der Kälte wird er hart, aber nicht brüchig, beim Erwärmen wieder elastisch und weich. Die Elastizität nimmt mit der Temperatur in sehr bedeutendem Maß ab. Der K. läßt sich nach jeder Richtung gleichmäßig und gleich stark ausziehen; wird er im ausgedehnten Zustande starker Kälte ausgesetzt, so behält er seine künstliche Länge auch beim Erwärmen auf 20°, gewinnt aber seine volle Elastizität bei 35–40° wieder. Wird ausgedehnter K. auf 105° erhitzt und dann der Kälte ausgesetzt, so zieht er sich nicht wieder zusammen, verhält sich aber sonst ganz wie normaler K. Frische Schnittflächen haften, wenn sie nicht berührt wurden, beim Zusammendrücken sehr fest aneinander. K. leitet die Elektrizität nicht und wird durch Reiben elektrisch. Er ist in Wasser völlig unlöslich, schwillt darin bedeutend an und wird dabei heller und Lösungsmitteln zugänglicher. Dünne Schnitte nehmen unter Wasser in einem Monat 26 Proz. Wasser auf. Gegen Lösungsmittel verhalten sich die einzelnen Kautschuksorten verschieden. Manche Sorten lösen sich nur unvollständig in Petroleumäther und hinterlassen einen kautschukartigen, stark gequollenen Rückstand, der in Benzol oder Chloroform zum Teil löslich ist. Aus der Lösung in Petroleumäther wird das Gelöste durch Alkohol gefällt. Absoluter Alkohol durchdringt den K. noch schneller als Wasser, besonders beim Erhitzen; in Äther, Benzin, Terpentinöl und einer Mischung von 100 Schwefelkohlenstoff mit 4 absolutem Alkohol quillt er ungemein stark; dabei löst sich ein Teil, wird aber von dem ungelösten hartnäckig zurückgehalten. Von 100 Teilen getrocknetem K. lösen Schwefelkohlenstoff 80 (65–70), Benzol 63 (48–52), Terpentinöl 66 (50–52), Chloroform 58, Äther 71 (60–68) Teile. In Schwefelkohlenstoff aufgequollener K. löst sich in absolutem Alkohol sehr leicht, wenn man auf 100 Schwefelkohlenstoff 6–8 Alkohol nimmt. Schmelzendes Naphthalin löst K. sehr leicht, schwere Steinkohlenteeröle lösen etwa 5 Proz. In Fetten, flüchtigen und fetten Ölen quillt K. ebenfalls bedeutend und löst sich in vielen, sehr gut und leicht in Kautschuköl. Terpentinöl wird durch mehrmalige Destillation für sich oder über Ziegelsteine viel geeigneter, den K. zu lösen. Zur Beförderung der Lösung muß das Lösungsmittel und der K. wasserfrei sein; letzterer wird vorteilhaft vorher mit Sodalösung gekocht, gewaschen und getrocknet. In höherer Temperatur lösen die obengenannten Mittel den K. vollständig, aber nicht ohne Zersetzung; der Verdunstungsrückstand der Lösung wird selbst in dünner Schicht nur schwierig fest. Manche gemischte Flüssigkeiten lösen den K. dagegen unverändert und hinterlassen ihn beim Verdunsten mit allen seinen wertvollen Eigenschaften. Zerschnittener K. löst sich in kochendem Leinöl, die Lösung trocknet in dünnen Schichten zu einer durchsichtigen, zähen Masse ein. Durch Kautschukhäutchen diffundieren gleiche Volumina der folgenden Gase in beistehenden Zeiteinheiten: Kohlensäure 1, Wasserstoff 2,4, Sauerstoff 5,3, Sumpfgas 6,8, Luft 11,8, Kohlenoxyd 12,2, Stickstoff 13,6. Besonders stark ist das Absorptionsvermögen des Kautschuks für Acetylen und andre im Leuchtgas enthaltene schwere Kohlenwasserstoffe, wodurch eine Abschwächung der Leuchtkraft des durch Kautschukröhren geleiteten Leuchtgases verursacht wird. K. widersteht Alkalien und verdünnten Säuren, wird von konzentrierter Schwefelsäure besonders beim Erwärmen, von salpetriger Säure und Salpetersäure zersetzt; Chlor nimmt ihm seine Elastizität und macht ihn hart und brüchig; in starkem, wässerigem Ammoniak soll K. quellen und dann eine Emulsion bilden. K. besteht im wesentlichen aus einem zu den Polyterpenen (C10H16) gehörenden Kohlenwasserstoff, gemengt mit Harz, wenig ätherischem Öl, Wachs, Eiweißsubstanzen, Fett und in Wasser und Alkohol löslichen Stoffen. In manchen Kautschuksorten wurden eigenartige Stoffe entdeckt, wie Dambonit C8H16O6, Bornesit C7H14O6, Matezit C10H20O9. An der Luft und besonders am Lichte wird K. oberflächlich hart und brüchig, in sehr dünner Schicht bildet er an der Luft allmählich eine harzartige Masse, die in Benzol löslich ist. Bestreichen mit Öl fördert die Zersetzung. Durch Einlegen in Wasser mit 10 Proz. Spiritus und Salizylsäure, in Ammoniakflüssigkeit oder in eine wässerige oder alkoholische Lösung von Kreolin läßt er sich konservieren. Bei 120° wird K. klebrig, bei 180° fängt er an zu schmelzen, bleibt nach dem Erkalten weich und klebrig und wird auch in sehr dünner Schicht erst nach langer Zeit wieder fest. Bei 200–300° erhält er Ölkonsistenz und färbt sich dunkelbraun, er brennt mit leuchtender, rußender Flamme. Bei der trocknen Destillation gibt er Kohlensäure, Kohlenoxyd, ammoniakhaltiges Wasser, schwefel- und chlorhaltige Produkte und Kautschuköl, ein Gemenge flüssiger Kohlenwasserstoffe, von denen die flüchtigsten bei 14° sieden. Aus diesem Kautschuköl wurden abgeschieden Butylen C4H8, Siedepunkt 14°; Faraday in, Siedepunkt 33–44°; Isopren C5H8, Siedepunkt 34–39° (geht bei 250° in Einen über); Kautschicin (Kautschin, in der Hauptsache Cinen C10H16), Siedepunkt 180°; Heveen C15H24, Siedepunkt 315°.

Verarbeitung.

Zur Verarbeitung des Kautschuks wird er in heißem Wasser erweicht und zwischen meist gerieften Walzen zerrissen, wobei durch auffließendes Wasser fremde Beimengungen fortgespült werden. Indem der K. weitere Walzenpaare passiert, erhält er die Form von Platten, die bei 38–50° getrocknet werden. Aus diesen Platten wird in einem Knetapparat (Mastikator) mit hohler, heizbarer, geriefter Walze in einem starken eisernen Gehäuse eine homogene Masse hergestellt, die man mittels hydraulischer Pressen in regelmäßige Formen bringt. Diese Blöcke zerschneidet eine rotierende Messerscheibe unter Zufluß von Wasser in Blätter (Patentplatten) von 0,16–20 mm Stärke, welche die Basis für die weitere Fabrikation abgeben. Man stellt Kautschukplatten auch durch Walzen her, indem man den gereinigten K. auf 40–50° erhitzt und zwischen Walzen, die durch eingeleiteten Wasserdampf auf 80–100° erhitzt werden, wiederholt hindurchgehen läßt. Indem sich die Walzen mit ungleicher Geschwindigkeit drehen, wird der K. geknetet und kann zugleich mit Schwefel, Goldschwefel, Zinkoxyd, Kreide etc. gemischt werden. Schließlich formt man aus der Masse auf Kalandern mit verstellbaren, heizbaren Hartgußwalzen Platten von verschiedener Stärke. Wenn diese Platten die Walzen[788] verlassen, kleben sie sehr stark, und man bestreut sie daher vor dem Aufrollen mit Talk oder zieht sie durch kaltes Wasser. Mit naßgehaltenen Scheren und Messern schneidet man aus den Platten beliebige Stücke, die durch Vereinigung der frischen Ränder zu allerlei Gebrauchsgegenständen geformt werden. Sehr dünne und gleichmäßige Platten (für Kautschukfäden etc.) stellt man aus einem dicken Brei dar, den man durch Aufquellen von K. in Kohlenwasserstoffen aus Steinkohlenteer oder Petroleum gewonnen und event. mit Schwefel oder andern Substanzen auf Mischwalzen gemischt hat. Diesen Brei bringt man auf Gewebe, die auf der Spreadingsmaschine zwischen einer eisernen, mit K. überzogenen Walze und einem Messer hindurchgehen, dessen verstellbarer Abstand von der Walze die Stärke der Kautschukschicht bestimmt. Hinter der Streichvorrichtung passiert der Stoff geheizte Tische, auf denen das Lösungsmittel des Kautschuks verdampft. Indem man die Operation mit demselben Stoff beliebig wiederholt, kann man Platten von verschiedener Stärke herstellen.

Die Verwendbarkeit des Kautschuks wird wesentlich dadurch beeinträchtigt, daß er bei 0° hart, bei 30–50° aber schon sehr weich ist, sowie durch die verhältnismäßig geringe Widerstandsfähigkeit gegen manche chemische Agenzien. Durch eine eigentümliche Verbindung des Kautschuks mit Schwefel werden aber diese Übelstände zum großen Teil beseitigt, und dieser vulkanisierte K. hat deshalb für die Technik eine viel größere Wichtigkeit erlangt, als sie der nicht vulkanisierte jemals besaß. Taucht man K. bei 115–120°2–3 Stunden in geschmolzenen Schwefel, so nimmt er 10–15 Proz. Schwefel auf. Ebenso kann man ihn durch Einkneten von Schwefelblumen oder mit Hilfe einer Lösung von Schwefel in Schwefelkohlenstoff mit Schwefel imprägnieren, ohne daß er seine Eigenschaften wesentlich ändert. Erhitzt man aber diesen schwefelhaltigen K. auf 130–140°, so wird er in wenigen Minuten umgewandelt und bildet nun den vulkanisierten K., der sich bei -20° wie bei einer 100° übersteigenden Temperatur gleich elastisch zeigt und den Lösungsmitteln und chemischen Agenzien in hohem Grade widersteht. Aus dem mit 12–24 Proz. Schwefel, wie oben angegeben, imprägnierten K. werden alle Artikel, wie aus gewöhnlichem K., dargestellt, da er sich noch genau wie dieser verhält, namentlich auch sich in beliebige Formen drücken und an frischen Rändern miteinander vereinigen läßt. Durch Auseinanderbügeln mehrerer Platten aus mit Schwefel imprägniertem K. kann man Gummikörper von beliebiger Stärke erzeugen. Die geformten Sachen werden einer Temperatur von etwa 120–130° ausgesetzt (gebrannt), die hinreichend lange einwirken muß, um die Stücke vollständig zu durchdringen. Man benutzt hierzu eiserne Kessel, in die man gespannten Dampf leitet. Da die Gegenstände beim Erhitzen aber bedeutend erweichen, muß man sie über Formen brennen und, um das Ankleben zu vermeiden, mit Talkpulver bestreuen; dicke Platten werden, damit sie sich nicht verziehen, zwischen Eisenplatten gelegt, dünne mit einer Kattunzwischenlage auf eine Trommel gewunden etc. Statt der eisernen Kessel benutzt man zum Vulkanisieren auch Dampfpressen, deren hohler Ober- und Unterteil durch Dampf auf die erforderliche Temperatur gebracht werden kann. An Stelle des Schwefels hat man auch schwefelhaltige Präparate, wie Schwefelbaryum, Schwefelcalcium, Goldschwefel (Schwefelantimon), unterschwefligsaures Blei oder künstliches Schwefelblei, zum Vulkanisieren angewendet, um besondere Eigenschaften des Fabrikats zu erzielen; außerdem aber setzt man dem vulkanisierten K. seines Bimssteinpulver zu, damit er auch Tintenstriche vom Papier wegnimmt, oder Kreide, Zinkoxyd und andre Dinge, um eine billige und hellere Ware zu gewinnen. Diese Zusätze (bis 40 und 50 Proz.) verschlechtern das Fabrikat sehr wesentlich und können unter Umständen gefährlich werden (Zinkoxyd in Saughütchen für Kinder). Nach einer andern Methode vulkanisiert man den K., indem man ihn in mit Schwefelkohlenstoff verdünntes Schwefelchlorür taucht, und zwar je nach der Stärke der Stücke nur wenige Sekunden oder einige Minuten, und dann rasch in einem warmen Luftstrom trocknet. Dicke Stücke werden wiederholt in die vorteilhaft mit mehr Schwefelkohlenstoff gemischte Flüssigkeit getaucht; das Brennen fällt hierbei ganz fort. Lösungen von K. mischt man mit der Schwefelungsflüssigkeit und läßt sie dann eintrocknen. Statt des Schwefelkohlenstoffes benutzt man häufig sorgfältig gereinigtes Petroleum.

Der vulkanisierte K. besitzt eine graue Farbe, zeigt sich durch Temperaturunterschiede wenig veränderlich; er klebt nicht auf frischen Rändern, riecht unangenehm (soll den Geruch verlieren, wenn man ihn mit einer Schicht tierischer Kohle bedeckt und 3–6 Stunden lang auf 50–80° erhitzt), ist für Gase viel weniger durchdringlich als reiner K., wird bei längerer Einwirkung höherer Temperaturen spröde und schwärzt Metallgegenstände unter Bildung von Schwefelmetall. Er quillt in Lösungsmitteln wenig auf und gibt an diese nur 4–5 Proz. unveränderten K. und den nicht gebundenen Schwefel ab. Nur 1–2 Proz. des beigemengten Schwefels verbinden sich mit dem K.; der Rest ist mechanisch beigemengt, wirkt aber bei längerm Liegen auf den K. und macht ihn hart und spröde. Bei anhaltendem Gebrauch wird er durch das abwechselnde Ausdehnen und Zusammenziehen großenteils entfernt; auch kann man ihn durch Erhitzen mit Ätznatronlauge (Entschwefeln) ausziehen, während der, wie es scheint, chemisch gebundene Schwefel sehr viel fester haftet. Nach dem Behandeln des vulkanisierten Kautschuks mit Alkalilauge gleicht er völlig dem reinen K., besitzt aber noch alle vorteilhaften Eigenschaften des vulkanisierten Kautschuks.

Kautschukplatten werden auf oben angegebene Weise dargestellt. Sollen die Platten Einlagen bekommen, so legt man zwischen zwei zu vereinigende Gummiplatten eine Lage eines gummierten Gewebes, wickelt sie mit einem Baumwollengewebe fest auf eiserne Trommeln und erhitzt sie im Vulkanisierkessel. Das Baumwollengewebe verbindet sich beim Vulkanisieren nicht mit der Gummiplatte, läßt aber ein Muster auf derselben zurück. Ebenso kann man Einlagen von Metallgewebe oder Asbest machen, auch die Platten mit Gewebe, Asbest etc. umkleiden. Kautschukfäden schneidet man aus den auf der Spreadingsmaschine dargestellten Kautschukplatten auf Drehbänken; runde Kautschukfäden werden aus einem mit Schwefelkohlenstoff und Alkohol bereiteten Teig dargestellt, indem man ihn in einen Zylinder füllt und durch Löcher in dessen Bodenplatte preßt. Die frischen, weichen Fäden werden über endlose Tücher geführt, mit Talk bestreut und, nachdem auf einem langen Wege, den sie schnell durchlaufen, der Schwefelkohlenstoff verdunstet ist, aufgerollt. Durch Strecken, Erhitzen auf 115° und Abkühlen können Fäden aus reinem und mit Schwefel gemischtem K. sehr dünn gemacht werden. Zur Herstellung der Kautschukschläuche[789] werden um ein Metallrohr eine oder mehrere Lagen Gummi gelegt, für stärkere Schläuche sind Stoffeinlagen erforderlich, die man spiralförmig über die erste Gummischicht legt, wieder mit Gummi umhüllt. Auch fertigt man Schläuche mit Einlagen von Eisen- oder Kupferdrahtspiralen (Spiralschläuche). Die fertig geformten Schläuche werden mit feuchten baumwollenen Stoffen umwickelt und mit dem Metallrohr auf einem langen Wagen in den Vulkanisierkessel eingeführt. Hohle Gegenstände setzt man meist aus mehreren Stücken, die nach Schablonen geschnitten sind, zusammen, füllt vor dem völligen Schließen etwas kohlensaures Ammoniak ein, legt sie dann in die Formen und brennt sie. Hierbei verflüchtigt sich die eingefüllte Substanz, und der Dampf preßt den K. in alle Vertiefungen der Form. Die Gummibälle werden nach dem Vulkanisieren mit einer Hohlnadel angestochen und durch diese mit komprimierter Luft gefüllt. Die Nadel wird durch einen kleinen Gummiblock im Innern des Balles hindurchgestochen und das seine Loch nach dem Herausziehen der Nadel mit Gummikitt geschlossen. Gummischuhe wurden früher direkt aus dem Milchsafte der Kautschukbäume dargestellt; jetzt färbt man die schwefelhaltige Kautschukmasse mit Kienruß, befestigt sie durch Walzen auf einem trikotartigen Gewebe, schneidet die erforderlichen Stücke nach Schablonen, setzt dieselben über hohlen eisernen Formen zusammen (nur durch Kleben), überzieht sie mit Asphaltlack und brennt sie über den Formen im Luftbade. Die Patentgummiwaren (chirurgische Artikel, Sauger für Milchflaschen der Kinder, Schläuche etc.) werden aus den obenerwähnten Patentblättern hergestellt, indem man aus diesen Stücke von geeigneter Form ausschneidet und die Ränder derselben durch Zusammendrücken vereinigt. Bei Schläuchen geschieht dies dadurch, daß man den Kautschukstreifen durch eine Leere hindurchzieht. Das Vulkanisieren erfolgt durch Eintauchen in eine Mischung aus Schwefelchlorür und Schwefelkohlenstoff.

Wasserdichte Gewebe wurden zuerst durch Zusammenwalzen des frischen, noch sehr weichen und klebenden Kautschukblattes mit dem Gewebe zwischen geheizten Walzen erhalten. Beim Macintosh lag das Kautschukblatt zwischen zwei Geweben. Die Verarbeitung dieser Gewebe zu Kleidungsstücken etc. erfolgt erst nach dem Vulkanisieren, indem man die zugeschnittenen Stücke an den Rändern mit Kautschuklösung bestreicht, übereinanderlegt und durch Druck vereinigt. Neuerdings wendet man allgemein einen aus K. und leichtem Steinkohlenteeröl erhaltenen Teig an, der mit Hilfe der Spreadingsmaschine auf das Gewebe gestrichen wird. Die Anstriche müssen sehr dünn gemacht und nach jedesmaligem Trocknen sechs-bisachtmal wiederholt werden. Zur Herstellung eines Überzugs von vulkanisiertem K. löst man in den flüchtigen Teerölen zuerst Schwefel, dann den K. und vulkanisiert im Luftbad wie Gummischuhe, oder man wickelt das Gewebe auf Walzen und vulkanisiert in Kesseln mit Dampf. Zum Vulkanisieren taucht man aber auch die Gewebe in eine Mischung von Chlorschwefel und Schwefelkohlenstoff. Gewebe mit grauweißem Kautschuküberzug bilden das Hospitaltuch zu Unterlagen im Bett, schwarz gefärbte Masse wird für Regenmäntel benutzt. Durch Aufeinanderlegen zweier so bestrichener, noch etwas klebender Gewebe und Zusammenwalzen erhält man die Doppelstoffe. Läßt man aber den ersten Anstrich vollkommen trocknen und vulkanisiert ihn kalt, so kann man auch die andre Seite des Gewebes bestreichen. Für billige Stoffe vermischt man die Anstrichmasse mit allerlei Zusätzen, so daß schließlich der K. nur noch die Bestimmung hat, den Überzug nicht brüchig noch spröde werden zu lassen. Man benutzt in dieser Weise Steinkohlenteer, namentlich aber auch Lösungen von K. in Leinöl mit verschiedenen Zusätzen. – Die Abfälle von vulkanisiertem K. sind sehr schwer zu verarbeiten; zu ihrer Verwertung sind mehrere Vorschläge gemacht, die meist auf eine Erweichung des Materials durch Wärme oder Lösungsmittel, Zerkleinern desselben und Zusammenkneten mit frischer Masse hinauslaufen. In Amerika gelangen große Mengen gebrauchter Gegenstände zur Verarbeitung. Die Sachen werden sein gemahlen, das Pulver durch Sieben von den Stoffteilen befreit, bei 6 Atmosphären Druck gedämpft und eventuell zu Platten gewalzt. Auch zerreißt man die Sachen zwischen kannelierten Walzen in Stücke von etwa 1 qcm, kocht zur Zerstörung der Gewebstoffe mit verdünnter Schwefelsäure, filtriert, spült mit sodahaltigem Wasser und trocknet. Dann wird das Produkt sein gemahlen, gedämpft etc. Dieser regenerierte K. ist zwar von Gewebsteilen frei und enthält wenig Vulkanisationsschwefel, bildet aber im übrigen eine sehr geringklassige Ware.

Erhitzt man den K. mit mehr Schwefel auf eine höhere Temperatur (150°), so erhält man den gehärteten, hornisierten K. (Ebonit, Hartgummi, Kammasse), der sich zur Herstellung zahlloser Gegenstände eignet, die man sonst aus Holz, Horn, Metall etc. anfertigte. Man mischt den K. mit Schwefel bis zur Hälfte seines Gewichts, wendet statt des Schwefels auch Schwefelverbindungen an und setzt außerdem Kreide, Zinkweiß, Bleiweiß, zur Erhöhung der Härte und Elastizität Schellack etc. zu, walzt die Masse aus und erhitzt sie 2 Stunden auf 100° und dann 4 Stunden auf 150°. Bei letzterer Temperatur läßt sich die Masse walzen, bei gewöhnlicher Temperatur aber schneiden, sägen, hobeln etc. und gut polieren, und daher wird der gehärtete K. in der Regel vor der letzten Bearbeitung gebrannt. Festigkeit und Elastizität des Ebonits scheinen wesentlich vom Schwefelgehalt abhängig zu sein; sehr bedeutend ist die Wärmeausdehnung des Ebonits, und ein etwa 20 cm langer Streifen desselben, mit einem gleichlangen Elfenbeinstreifen an einem Ende zusammengeleimt, gibt ein sehr empfindliches Thermometer; es ist ein sehr schlechter Leiter der Elektrizität und wird beim Reiben ungemein stark elektrisch. Lösungsmitteln ist es vollständig unzugänglich. Die Abfälle sind kaum verwertbar. Der stark wachsende Verbrauch des Kautschuks und die steigenden Preise haben zur Herstellung von Surrogaten geführt, die den verschiedenen Gebrauchszwecken angepaßt werden. Am wichtigsten sind die Faktis (s. d.).

Verwendung des Kautschuks. Geschichtliches, Produktion.

K. findet die mannigfachste Verwendung, und namentlich der vulkanisierte und gehärtete K. wird in zahllosen Fällen benutzt. Sehr ausgedehnt ist die Verarbeitung des vulkanisierten Kautschuks in Form von Röhren, Platten, Schuhen, Handschuhen, Pfropfen, Bändern, Puffern, Bällen, Spielzeug, Stempeln und des Ebonits zu Kämmen, chirurgischen Instrumenten und allerlei Gebrauchsgegenständen; wegen seiner akustischen Eigenschaft dient Ebonit zu Hörrohren und Blasinstrumenten; da er vielleicht der stärkste negativ isoelektrische Körper ist, dient er als Ersatz der Glasscheiben bei Elektrisiermaschinen, und[790] da er durchaus nicht hygroskopisch und ein besserer Nichtleiter als alle bis dahin bekannten Stoffe ist, so eignet er sich trefflich als Isolierungsmittel für oberirdische Telegraphenleitungen. Man benutzt ihn ferner zu Gefäßen in der Photographie und Galvanoplastik, dieselben sind unzerbrechlich, sehr indifferent und ertragen eine weit über den Siedepunkt des Wassers hinausgehende Temperatur. Ebonit eignet sich endlich zur Nachahmung von Hirschhorn, Ebenholz, Gagat, zu Winkeln und Linealen für Zeichner, zu Maschinenteilen, Wassermessern, Säurepumpen, mit Zinnober gefärbt zu Unterlagen für künstliche Gebisse, zu Abgüssen von Natur- und Kunstgegenständen etc.

Indianerstämme Brasiliens haben K. seit langer Zeit zu Gefäßen, Schuhen, Fackeln, Bällen etc. benutzt (aus einer Indianersprache stammt das Wort K. selbst), und auch in Ostindien scheint die Verwendung des Kautschuks zu Fackeln, zum Dichten von Körben, in denen Flüssigkeiten aufbewahrt werden sollen, sehr alt zu sein. La Condamine lenkte 1751 die Aufmerksamkeit auf die Eigenschaften des südamerikanischen Kautschuks, und Roxburgh, in dessen Hände 1810 indischer K. gelangt war, machte den Kautschukfeigenbaum (Ficus elastica) der Industrie dienstbar. 1761 und 1768 veröffentlichte Macquer seine chemischen Untersuchungen über den K., Grossart stellte 1768 Röhren aus K. dar, indem er Streifen desselben um Glasröhren wickelte; auch benutzte man damals schon den K. zum Auswischen von Bleistiftstrichen (ein würfelförmiges Stück von 12 mm Seitenlänge kostete 3 Mk.); noch 1820 kannte man kaum andre Verwendungen als zu Verschlüssen und Röhrenverbindungen an chemischen Apparaten, zu elastischen Verbänden, Bougies, Kathetern, luftdichten Firnissen, zum Wasserdichtmachen von Leder und Geweben; 1820 nahm Hancock ein Patent auf elastische Gewebe mit Kautschukstreifen, und 1823 trat Macintosh mit seinem weltberühmt gewordenen wasserdichten Stoff auf. Knetmaschinen gab zuerst Nickels 1836 an, aber seit 1852 wurden dieselben wieder mehr durch Walzen verdrängt. Lüdersdorff veröffentlichte 1832 seine Entdeckung, daß dem durch Terpentinöl aufgeweichten K. die nach dem Trocknen zurückbleibende Klebrigkeit benommen wird, wenn man ihm Schwefel beimischt; Benzinger erreichte 1836 dasselbe durch Schwefelleberlösung, aber erst Goodyear in Newhaven (Connecticut) entdeckte 1839 das Vulkanisieren durch Imprägnieren mit Schwefel und Erhitzen, und 1842 kamen die ersten vulkanisierten Kautschukartikel nach Europa. Die übrigen Methoden des Vulkanisierens von Hancock (Eintauchen in Schwefel) 1843, von Keene (Einwirkung von Schwefeldämpfen) 1845 und Parkes (Eintauchen in Chlorschwefel) 1846 erreichten bei weitem nicht die Bedeutung des Verfahrens von Goodyear, der 1852 auch die Darstellung des Ebonits kennen lehrte. In Deutschland erwarb sich Fonrobert Verdienste durch Verbesserung in der Verarbeitung des Kautschuks. – 1830 betrug die Menge des in England eingeführten Kautschuks noch nicht mehr als 454 Ztr.; 20 Jahre später wurden 7784 und 1898: 552,823 Ztr. eingeführt. Das Amazonengebiet produzierte 1903/04: 30,849 Ton. und führte 1903: 31,095 T. aus, Afrika lieferte 1897: 11,967 T., Asien etwas mehr als 2000 T. Die Gesamtproduktion beziffert sich auf rund 45,000 T. Der größte Konsument ist Nordamerika und in Europa England. Frankreich und Deutschland verbrauchen etwa gleichviel K. Deutschland führte ein an K., Guttapercha und Waren daraus: 1897: 100,154, 1900: 150,359, 1903: 174,439 dz und führte aus 1897: 66,711, 1900: 97,230, 1903: 112,817 dz. Im J. 1903 betrug von

Tabelle

Deutschland hat in den letzten Jahren verhältnismäßig größere Fortschritte in der Kautschukindustrie gemacht als eins der andern Länder; die größten Fabriken befinden sich in Harburg, Hamburg, Mannheim, Berlin, Breslau, Leipzig, Hannover.

Vgl. Collins u. Brandis, Report on the Caoutchouc of commerce (Lond. 1875); Heinzerling, Fabrikation der K.- und Guttaperchawaren (Braunschweig 1883); Hoffer, K. und Guttapercha (2. Aufl., Wien 1892); Chapel, Le caoutchouc et la guttapercha (Par. 1892); Clouth, Die Kautschukindustrie (Wien 1878) und Gummi, Guttapercha und Balata, Ursprung, Vorkommen etc. (Leipz. 1899); Seeligmann, Le caoutchouc et la gutta percha (mit Lamy-Torillhon u. Falconnet, Par. 1895; engl. Ausgabe, Lond. 1903); Brannt, India Rubber, Gutta percha, Balata (Lond. 1900); Warburg, Die Kautschukpflanzen und ihre Kultur (Berl. 1900); »Westafrikanische Kautschukexpedition (R. Schlechter) 1899 bis 1900« (hrsg. vom Kolonialwirtschaftlichen Komitee, das. 1900); Weber, The chemistry of India Rubber (Lond. 1902); Jumelle, Les plantes à caoutchouc et à gutta (Par. 1903); Ehrhardt, Die geographische Verbreitung der für die Industrie wichtigen K.- und Guttaperchapflanzen (Halle 1903); Johnson, Cultivation and preparation of Para Rubber (Lond. 1904); de Wildemann u. Gentil, Lianes caoutchoutifères de l'État indépendant du Congo (Brüssel 1904); Ditmar, Der pyrogene Zerfall des Kautschuks (Dresd. 1904); »Le moniteur du caoutchouc« (Monatsschrift, Par.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 786-791.
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