Ersuchter Richter

[78] Ersuchter Richter ist derjenige Richter, an den sich ein Prozeßgericht zu wenden hat, wenn es Rechtshilfe (s.d.) bedarf. Er ist, im Gegensatz zum »beauftragten Richter« (s.d.), kein Mitglied des Prozeßgerichts. Nach § 158 des Gerichtsverfassungsgesetzes ist das Ersuchen um Rechtshilfe stets an das Amtsgericht zu richten, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorgenommen werden soll; unter dem ersuchten Richter ist daher stets der Amtsrichter zu verstehen. Die Stellung des ersuchten Richters unterscheidet sich von der des beauftragten dadurch, daß letzterer die Gerichtsbarkeit des beauftragenden Gerichts, ersterer dagegen seine eigne Gerichtsbarkeit betätigt. Für das Verfahren vor einem ersuchten Richter gelten andre Grundsätze als für dasjenige vor dem erkennenden Gericht. Insbesondere gilt dafür nicht der Grundsatz der Öffentlichkeit und der Mündlichkeit (Gerichtsverfassungsgesetz,[78] § 170) und im Zivilprozeß nicht der Anwaltszwang (s.d.). Nach § 576 ist, wenn die Änderung einer Entscheidung des ersuchten Richters nachgesucht wird, die Abhilfe bei dem Prozeßgericht nachzusuchen. Erst gegen dessen Entscheidung findet Beschwerde (s.d.) statt.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 78-79.
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