Ferŭla

[459] Ferŭla L. (Steckenkraut), Gattung der Umbelliferen, kahle, häufig blaugrün bereiste Kräuter mit oft sehr großen, vielfach fiederteilig zusammengesetzten Blättern, großen, meist vielstrahligen Dolden, polygamischen, in der Hauptdolde weiblichen Blüten mit gelben oder grünlichen Blumenblättern und vom Rücken her stark abgeflachten Früchten. Viele Arten sind ausgezeichnet durch großen Gehalt an Gummiharz in Gängen der Wurzel und des Stengels. Etwa 50 Arten im mediterran-orientalischen Gebiet, je drei Arten in Spanien und Kaschmir, sechs in Algerien, eine in China. F. galbaniflua Boiss, et Buhse, mit hohem, oberwärts verzweigtem Stengel, kurz weichhaarigen Blättern, von denen die obersten auf die oblongen Scheiden reduziert sind, und hüllenlosen Dolden, vom Demawend bis Afghanistan, liefert nebst einigen andern Arten Galbanum. F. tingitana L. in Nordafrika, auch Chios, Rhodos, in Syrien und Palästina, etwa 1,5 m hoch, mit doldenrispig verzweigtem Stengel und großen, bläulichgrünen, vierfach fiederteiligen Blättern, liefert das afrikanische Ammoniakgummi. F. Sumbul Hook. fil., etwa 2 m hoch, mit beschopfter Wurzel, blaugrau schimmernden Blättern und wenigen, ganz oder fast ganz auf die Scheiden reduzierten Stengelblättern, in Turkistan und im zentralasiatischen Steppengebiet, liefert, wie auch F. suaveolens Aitch. et Hmsl., die moschusartig riechende, aromatisch bittere Sumbulwurzel, die etwa 9 Proz. weichen, blaßgelben Balsam, Angelikasäure und Baldriansäure enthält und als nervenstärkendes Mittel benutzt wird. F. Asa foetida L. (Scorodosma foetidum Bunge), mit rübenartiger, bis schenkeldicker, sehr fleischiger, faserig beschopfter Wurzel, großen, kurz flaumhaarigen, blaugrünen Blättern, einem erst nach fünf Jahren, dann aber sehr schnell sich entwickelnden und in 40–50 Tagen, nach der Fruchtreife, mit der Wurzel absterbenden, 2 m hohem, wenig beblättertem, oben doldentraubig verzweigtem Stengel, wächst, förmlich Wäldchen bildend, in den Steppen zwischen dem Aralsee und dem Persischen Meerbusen, wird auch bei Herat kultiviert und liefert Asa foetida. Ebenso F. Narthex Boiss., bis 3 m hoch, mit mächtiger, mit faserigen Blattscheidenresten beschopfter Wurzel, sehr großen, aufgeblasenen Blattscheiden, die obersten Blätter ohne Blattspreite, in Tibet. F. communis L., ausdauernd, mit sein zerteilten Blättern, 3–4 m hohen Blütenstengeln und gelben Blüten, vollendet ihre Entwickelung in wenigen Monaten und ist gegen Ende des Hochsommers vollständig verschwunden. Sie wächst gesellig in Griechenland, Süditalien, Südspanien, Portugal, Nordafrika und Kleinasien, besonders in der Nähe des Meeres. Bei den Alten spielte die Pflanze unter dem Namen Narthex eine große Rolle. Der Stengel der Stande ist mit dichtem[459] weißen Mark gefüllt, das leicht Feuer fängt und es glimmend erhält. Deshalb barg Prometheus das dem Zeus entwendete Feuer in einem Ferulastengel. Die Pflanze war dem Bacchus heilig, der Thyrsos war ein mit Weinranken und Efeu umwundener Ferulastab, und die Bacchanten hießen auch Narthekophoren (Thyrsophoren). Ausgehöhlte Ferulastengel dienten zur Aufbewahrung von Manuskripten u. dgl. Fast alle Teile der Pflanze benutzte man als Heilmittel, und die Blätter wurden in Salzwasser eingemacht und gegessen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 459-460.
Lizenz:
Faksimiles:
459 | 460
Kategorien: