Gesättigte Verbindungen

[675] Gesättigte Verbindungen, chemische Verbindungen, in denen die Wertigkeiten der sie zusammensetzenden Atome vollständig befriedigt sind. Nimmt man Stickstoff N als fünfwertig an, so muß er sich zur vollständigen Bindung seiner Affinitäten mit 5 Atomen einwertiger Elemente verbinden, wie im NH4Cl. Dies ist eine gesättigte Verbindung, während die Verbindung des Stickstoffs mit 3 Atomen Wasserstoff, das Ammoniak NH3, ungesättigt ist. Kohlenstoff ist vierwertig, und wenn jede Wertigkeit des Atoms durch ein Atom des einwertigen Wasserstoffs gebunden wird, so entsteht eine gesättigte Verbindung, das Methan CH4 oder

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Verbinden sich 2 Kohlenstoffatome durch je eine ihrer Affinitäten, so entsteht eine Kette mit 6 freien Affinitäten

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die durch einwertige Atome gebunden werden können. Zu den gesättigten Verbindungen kann nichts addiert werden; um sie zu verwandeln, muß ihnen zunächst etwas entzogen werden. Bei Behandlung mit starken Reagenzien findet zunächst Substitution statt: aus Methan und Chlor entsteht nicht CH4Cl, sondern CH3Cl, CH2Cl2 etc. Ungesättigte Verbindungen vermögen im Gegenteil andre Atome und Atomgruppen direkt aufzunehmen, zu addieren: Ammoniak NH3 und Chlorwasserstoff HCl bilden NH4Cl, Eisenchlorür FeCl2 und Chlor Cl bilden FeCl3. Äthylen C2H4 gibt mit Br zunächst ein Additionsprodukt C2H4Br, und erst bei weiterer Einwirkung von Br entstehen Substitutionsprodukte C2H3Br2 etc. In diesen ungesättigten Verbindungen sind gewisse Elemente durch mehr als eine Affinität verbunden, und wenn sie Atome aufnehmen, so wird die mehrfache Verkettung in eine einfache verwandelt. In dem Cyanid CH3– C≡N ist das Stickstoffatom an das Kohlenstoffatom durch drei Affinitäten gebunden. Unter Aufnahme von 4 Atomen Wasserstoff entsteht daraus H3C– H2C– NH2. Im Äthylen sind 2 Kohlenstoffatome durch zwei Affinitäten verbunden. Der Kohlenwasserstoff nimmt 2 Atome Wasserstoff auf und verwandelt sich in eine gesättigte Verbindung H2C=CH2+H– H=H3C– CH3.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 675.
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