Glockenstuhl

[44] Glockenstuhl, Gerüst zum Aufhängen von Glocken, das so eingerichtet sein muß, daß es den nötigen Raum für die Schwingungen der Glocken gibt, und daß durch diese Schwingungen keine schädlichen Wirkungen auf das Bauwerk ausgeübt werden. Man baut sie bockartig aus kernigem trocknen Eichen- oder Föhrenholz, neuerdings auch aus Eisen (Fig. 1).

Fig. 1. Eiserner Glockenstuhl.
Fig. 1. Eiserner Glockenstuhl.

Berühmte alte, noch erhaltene Glockenstühle sind unter andern der des Freiburger Münsters, der zugleich mit dem Münsterturm um 1273 errichtet wurde, sowie die der Dome in Erfurt, Metz etc. Die Konstruktion eines Glockenstuhls wird bestimmt durch die Besonderheiten des Glockenturms und durch Anzahl und Gewicht der Glocken und deren Aufhängung. Wird die Glocke, feststehend aufgehängt, durch Bewegung des Klöppels allein geläutet, so ist die Tonwirkung nicht günstig. Das Schwingen der Glocke ermöglicht man durch deren Aufhängung an zylindrische Zapfen in zylindrischen Lagern und Anbringen eines Hebels über der Drehachse, an dem das Läuteseil befestigt wird. Die große Zapfenreibung im zylindrischen Lager infolge der bedeutenden Zentrifugalkraft der schwingenden Gloch überträgt die Schwingungen durch den G. auf das Turmmauerwerk; man mindert dieses Übel dadurch, daß man die Aushängestelle der Glocke im Turme soweit wie möglich herabrückt; dann aber auch, und um gleichzeitig die Arbeit des Läutens zu verringern, durch Anwendung besonderer Lager, die meist aus Stahl gefertigt werden. Man unterscheidet: 1) das offene Zapfenlager (Fig. 2); dies wirkt wie eine Schneide, das Gleiten des Zapfens ist unmerklich.

Fig. 2. Offenes Zapfenlager.
Fig. 2. Offenes Zapfenlager.

Die besonder: Form von Zapfen und Lager verhindert die Glocke. das Lager zu verlassen. 2) Lager, die eine wälzende Bewegung der Drehachse erzielen. Am Ende des zylindrischen oder eirunden Zapfens zwingt eine runde Scheibe, deren Zähne in eine Zahnung der Auflagerplatte eingreifen, den Zapfen, auf einem ebenen Stahllager zu rollen. Die Rittersche Lagerung benutzt diesen Gedanken (Fig. 3).

Fig. 3. Rittersche Lagerung.
Fig. 3. Rittersche Lagerung.

3) Lager mit Friktionsscheiben, die auch die Bochumer Aufhängung benutzt (Fig. 4). Die Friktionsscheiben hängen auf Schneiden. 4) Pendellagerung, bei der die Drehachse in einem auf Schneiden hängenden Bügel ruht.

Fig. 4. Lager mit Friktionsscheiben.
Fig. 4. Lager mit Friktionsscheiben.

5) Pozdechs Lagerung auf meißelartigen Schneiden, die tief unter dem Glockenscheitel ausruhen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 44.
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