[788] Indeterminismus (neulat.) heißt im Gegensatz zum Determinismus (s. d.) die metaphysische Ansicht, nach der die Willensakte der Menschen durch keine äußern oder innern Ursachen (Motive) zwingend bestimmt werden, so daß vielmehr der Mensch jederzeit auch das Gegenteil von dem wollen könnte, was er wirklich will. Der I. schreibt also dem Menschen als wollendem Wesen eine Sonderstellung in der Welt zu, indem er dessen Handlungen von dem allgemeinen Zusammenhang der Ursachen und Wirkungen ausnimmt und ihm die Fähigkeit zuspricht, als causa prima (schöpferische erste Ursache) in den Weltlauf einzugreifen. Spricht dies schon gegen den I., so liegt ein weiteres Bedenken darin, daß, wenn der Mensch seine Handlungen nach absolutem Belieben bestimmen kann, damit ein Element des Zufalls in die Welt eingeführt würde. Die Meinung endlich, daß nur auf Grund des I. ein sittliches Handeln sowie Zurechnung möglich sei, ist trügerisch, da die Sittlichkeit vielmehr voraussetzt, daß der Mensch in seinem Handeln sich durch Grundsätze leiten lasse; und je vollkommener ein Charakter ist, desto weniger kann bei ihm von einer Unbestimmtheit des Entschlusses, den er in irgend einer Lage fassen wird, die Rede sein. Der I. heißt auch Autodeterminismus, wenn die ausschließliche Bestimmung der Willensrichtung durch das wollende Subjekt betont werden soll. Vgl. Freiheit.