[237] Jesaias (Jesaja, d. h. »Jahve hilft«, Esaias, in der »Vulgata« Isaias), der erste unter den sogen. großen Propheten, Sohn des Amoz, trat im Todesjahr des Königs Usias (um 740) als Prophet auf und wirkte unter Jotham, Ahas und Hiskias bis um 700. Gelegenheit zu ernsten Warnungen fand er besonders unter dem schwachen und abgöttischen Ahas. Als unter dessen Nachfolger Hiskias eine mächtige Partei, um aus der Zinsbarkeit Assyrien gegenüber herauszukommen, zu einer Verbindung mit Ägypten riet, sprach und wirkte der Prophet eifrig, aber vergeblich, dagegen, und als später Hiskias von Babylon zu einem Bündnis aufgefordert ward, warnte J. auch vor dieser kurzsichtigen Politik. Die in dem Buch J. gesammelten Orakel gehören verschiedenen Zeiten an. Die Kapitel 13 und 14,2427,34 und 35 stammen erst aus exilischer, bez. nachexilischer Zeit; 3639 sind, vermehrt um das Lied Hiskias Kap. 38, aus den Königsbüchern entnommen. Kap. 4066 sind während des Siegeszuges des Cyrus (vgl. Kap. 44,28; 45, 1) geschrieben und verkündigen die Befreiung aus dem Exil und die bevorstehende Verwirklichung des ewigen Ratschlusses Gottes mit Israel (sogen. Deutero-Jesaias, von dem neuerdings die letzten Kapitel als [237] Trito-Jesaias unterschieden werden). Die echten Orakel zählen nach Form und Inhalt zu den ausgezeichnetsten Erzeugnissen der Blütezeit der hebräischen Literatur; sie sind in jener eigentlich prophetischen Redeweise, die zwischen Prosa und Poesie die Mitte hält, sich aber mehr zur letztern erhebt, abgefaßt und halten sich in einer ernsten, kraft- und würdevollen, bilder- und gedankenreichen Sprache. Aber auch der sogen. zweite J. schreibt leicht und fließend und zeichnet sich durch fast dramatische Anschaulichkeit der Darstellung sowie durch Erhabenheit der sittlichen und religiösen Weltanschauung aus. Wegen der messianischen Weissagungen, die insbes. diese Kapitel enthalten, führt J. auch den Namen des Evangelisten unter den Propheten. Unter den neuesten Übersetzern und Erklärern des J. sind zu erwähnen: Hitzig (Heidelb. 1833, 2 Bde.), Knobel (5. Aufl. von Dillmann, Leipz. 1890; neubearbeitet von Kittel, 1898), Ewald (2. Aufl., Götting. 1867), Delitzsch (4. Aufl., Leipz. 1889), Bredenkamp (Erlang. 1887), Buhl (Kopenh. 1891), Cheyne (engl., Lond. 1895), Marti (Freiburg 1900), Duhm (2. Aufl., Götting. 1902), v. Orelli (4. Aufl., Münch. 1904) und Condamin (»Le livre d'Isaïe«, mit französischer Übersetzung, Par. 1905).