Kruzifix

[754] Kruzifix (eigentlich der K., vom lat. crucifixus, »der Gekreuzigte«; holländ. Kruisbeeld, »Kreuzbild«), das Bild Christi am Kreuz, in Holz, Metall, Elfenbein etc. ausgeführt. Es trat erst seit dem 5. Jahrh. an Stelle des Kreuzes, das bis dahin das Symbol Christi gewesen war. Bis zum Ende des 9. Jahrh. wurde der Gekreuzigte lebend dargestellt. Man findet ihn sowohl mit einem schmalen Schurz als auch mit einem langen Gewand oder mit einer von den Hüften bis auf die Füße reichenden Tunika bekleidet.

1. Emailliertes Vortragkreuz (Museum in Stockholm).
1. Emailliertes Vortragkreuz (Museum in Stockholm).
2. Vortragkreuz aus Kalkar.
2. Vortragkreuz aus Kalkar.
3. Vortragkreuz (Germanisches Museum in Nürnberg).
3. Vortragkreuz (Germanisches Museum in Nürnberg).

Im Mittelalter kommt nur der schmale Schurz vor. Auf den ältesten noch vorhandenen Kruzifixen (in einer syrischen Evangelienhandschrift vom Mönch Rabula und dem zu Monza aus dem 6. und Anfang des 7. Jahrh.) ist Christus mit vier Nägeln an Händen und Füßen dargestellt. Die byzantinischen Kruzifixe sind besonders an der starken Ausbiegung des Körpers kenntlich, die in geringerm Maß auch von deutschen und italienischen Künstlern nachgeahmt worden ist. Gegen das Ende des Mittelalters gewann die Kreuzigung mit gekreuzten Füßen (also im ganzen mit drei Nägeln) immer mehr Verbreitung. Man unterschied Altarkreuze und Vortragkreuze. Erstere waren mit einem Fuß, letztere unten mit einer eisernen Spitze versehen, um auf Stangen gesteckt zu werden, da sie bei den Prozessionen vorausgetragen wurden (s. Abbildungen 1–3). Bisweilen wurden zu den Vortragkreuzen Füße gearbeitet, so daß sie auch als Altarkreuze verwendet werden konnten (s. Tafel »Goldschmiedekunst«, Fig. 10). Als[754] vornehmster Altarschmuck erhielt das K. frühzeitig eine kostbare Ausstattung. Wenn es aus Metall (Gold, Silber, Bronze, Kupfer) gefertigt war, wurde es mit Email, mit (meist antiken) Gemmen, Kameen, Edelsteinen, Bergkristallen, Filigran etc. verziert. Die künstlerisch bedeutendsten Kruzifixe gehören der romanischen und der gotischen Epoche an. Der gotische Stil erhielt sich für Kruzifixe noch in der Renaissancezeit (s. Tafel »Goldschmiedekunst«, Fig. 6). Die spätere Kunst legte ein Hauptgewicht auf die naturalistische Durchbildung des Leichnams Christi. Vgl. E. Dobbert, Zur Entstehungsgeschichte des K. (im »Jahrbuch der königlich preußischen Kunstsammlungen«, Bd. 1, Berl. 1880); M. Rosenberg, Das Kreuz von St. Trudpert (Freiburg i. Br. 1894), und die Literatur beim Art. »Kreuz«, S. 646.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 754-755.
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754 | 755
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