[652] Kreuzigung, das Aufhängen eines Menschen an einen Pfahl mittels Anbindens oder Annagelns der Hände und Füße, im Altertum eine weitverbreitete Todesstrafe. Bei den Römern war es Strafe für Sklaven und die schlimmsten Verbrecher (Hochverräter, Aufrührer, Seeräuber). In der Regel ging eine Geißelung voran oder erfolgte auf dem Wege nach dem Richtplatze, wohin der Verurteilte auf dem Nacken ein Querholz (patibulum) tragen mußte, an das die ausgestreckten Arme gebunden waren. Mittels des patibulum wurde er nackt an dem etwa 21/2 m hohen Pfahl (crux) emporgezogen, an dem das patibulum befestigt wurde, dann wurden Füße und Hände angenagelt. Die Leiden des Gekreuzigten waren furchtbar, namentlich hervorgerufen durch die infolge der unnatürlichen, stets gleichen Lage des Körpers herbeigeführte Dehnung und Zerrung aller Sehnen und Nerven und den Blutandrang nach Kopf und Herz. Der Tod trat nicht durch Verbluten ein, da das gerinnende Blut die Wunden bald schloß, sondern höchst wahrscheinlich durch die Rückwirkung der in stärkster Weise gereizten Nerven auf Gehirn und Rückenmark, mit einem Worte durch Shock. Gewöhnlich dauerte die Qual 12 Stunden lang, oft bis zum folgenden Tage; kraftvolle Naturen erlagen zuweilen erst am dritten Tage. Bisweilen wurde sie durch einen Lanzenstich in die Achselhöhle oder das Brechen der Schenkel (crurifragium) durch Keulenschläge abgekürzt. Abgeschafft wurde die K. durch Konstantin 315 n. Chr. Vgl. Kreuz. In der bildenden Kunst ist die K. wegen des Kreuzestodes Christi ein häufiger Darstellungsgegenstand, wobei meist der am Kreuz hängende Christus (gewöhnlich im Augenblick des Todeskampfes) allein oder mit Umgebung erscheint. Über die Darstellung des gekreuzigten Christus allein s. Kruzifix. Unter den figurenreichen Darstellungen der K. Christi sind drei Gruppen zu unterscheiden. Die eine zeigt den historischen Vorgang, das Kreuz Christi inmitten der Kreuze der beiden Schächer, umgeben von den Anverwandten und Freunden des Heilands, den römischen Schergen und einer Volksmenge. Hierbei werden verschiedene Momente geschildert: die Ohnmacht der Maria, das Würfeln der Kriegsknechte um den Rock Christi, die Tränkung des Heilands mit dem Schwamm und die Öffnung der Seite durch die Lanze (unter dem Namen »coup de lance« berühmte Darstellung von Rubens im Antwerpener Museum). Diese einzelnen Vorgänge finden sich besonders in Kupferstichen, Holzschnitten, Glasgemälden, Altarbildern und plastischen Darstellungen des Mittelalters und der Renaissance, die zu sogen. Passionen (s. d.) oder Stationen (s. d.) zusammengestellt sind. Die zweite Gruppe zeigt Christus am Kreuz, umgeben von den Anverwandten, in erster Linie von der Mutter Maria (rechts vom Heiland) und Johannes (links), den eigentlichen Zeugen, zu denen sich oft Maria Magdalena, den Kreuzesstamm umfassend, gesellt. Die dritte Gruppe bilden die allegorisch-symbolischen Darstellungen. Über dem Heiland erscheint Gott-Vater und die Taube des Heiligen Geistes, und Engel fangen in Kelchen das aus den Wunden Christi strömende Blut auf. Unten stehen oder knieen Heilige, bei Altarbildern oft auch die Stifter und ihre Familie. In dogmatischem Sinne schilderte Lukas Cranach die erlösende Kraft des Kreuzestodes Christi auf Altarbildern (Stadtkirche in Weimar). Über die von der bildenden Kunst vor und nach der K. Christi dargestellten Momente ist Weiteres in den Artikeln »Kreuztragung, Kreuzaufrichtung und Kreuzabnahme« zu suchen. Vgl. Literatur bei Artikel »Kreuz«, S. 646.