[388] Leisewitz, Johann Anton, Dichter der Sturm- und Drangperiode, geb. 9. Mai 1752 in Hannover, gest. 10. Sept. 1806 in Braunschweig, studierte in Göttingen seit 1770 Rechtswissenschaft und befreundete sich hier mit Hölty und den übrigen Dichtern des Hainbundes, in den er 2. Juli 1774 einstimmig aufgenommen ward, und in dessen Geist die satirischen Dialoge verfaßt sind, die er im Göttinger »Musenalmanach« auf das Jahr 1775 veröffentlichte. Im Oktober 1774 ließ er sich als Advokat in Hannover nieder, siedelte aber im November 1775 nach Braunschweig über, wo er mit Eschenburg, Lessing in Wolfenbüttel, Mauvillon u.a. in Verkehr trat. Bei einem Besuch in Berlin im Sommer 1776 lernte er auch Nicolai und in Weimar 1780 Herder, Wieland und Goethe kennen. Zu Anfang 1778 zum Sekretär der braunschweigischen Landschaft ernannt, hatte er Muße genug, um mehreres aus dem Englischen zu übersetzen und Materialien zu einer Geschichte des Dreißigjährigen Krieges zu sammeln, die er aber liegen ließ. 1790 trat er in den herzoglichen Dienst, in dem er bis zum Geheimen Justizrat (1801) und Präsidenten des Obersanitätskollegiums (1805) aufrückte. L.' einziges Trauerspiel: »Julius von Tarent« (Leipz. 1776, zahlreiche Neudrucke, nach der Originalhandschrift hrsg. von R. M. Werner, Heilbr. 1889), eins der charakteristischsten Dramen der Sturm- und Drangperiode, von den Zeitgenossen hoch gepriesen, ein Lieblingsstück Schillers und von ihm in Einzelheiten der »Räuber«, des »Don Carlos« und der »Braut von Messina« nachgeahmt, hat vor andern Stücken dieser Richtung den Vorzug eines kunstgerechten Aufbaues, für den Lessing dem Verfasser zum Muster diente. Es behandelt den Liebesstreit eines feindlichen Brüderpaares wie Klingers »Zwillinge«, die indes 1775 beim sogen. Hamburger Preisausschreiben (s. Schröder, F. L.) den Vorzug vor L.' Trauerspiel erhielten. L.' »Schriften« mit Biographie gab Schweiger gesammelt heraus (Braunschw. 1838; neue Ausg., Berl. 1870). Vgl. Kutschera, Johann Anton L. (Wien 1876).