Lilly

[553] Lilly (Lily, Lyly, spr. lilli), John, engl. Roman- und Dramenschreiber, geb. 1554 (?) in der Grafschaft Kent, gest. 1606 in London, studierte in Oxford und Cambridge und dirigierte dann die Chorknaben der St. Paulskirche in London, die auch als Schauspieler beliebt waren. Er wurde zuerst bekannt durch den Erziehungsroman »Euphues, the anatomy of wit« (1579) mit der Fortsetzung »Euphues and his England« (1580), der Enttäuschung durch Liebe und Tröstung durch Philosophie schildert. Der Inhalt und auch der Stil, der sich immerfort in parallel geordneten Gegensätzen bewegt, voll Alliteration und fabuloser Naturgeschichte, stammen aus des Spaniers Guevaras Bearbeitung von Marc Aurels »Goldenem Buche«. Diese gezierte Ausdrucksweise, Euphuismus genannt, wurde von Greene und Lodge nachgeahmt, von Ben Jonson u.a. verspottet. Inzwischen schrieb L. eine Reihe griechisch-romantischer Komödien in Prosa, wie »Alexander and Campaspe« (1584), »Sappho and Phao«, »Endymion«, »Midas«, die er durch seine Singknaben ausführen ließ, mit besonderer Rücksicht auf den Hof und den Grafen Leicester; sie brachten ihm wenig äußern Lohn, wurden aber die nächste Vorstufe für Shakespeares Lustspiele, namentlich »Endymion« für seine »Verlorne Liebesmüh'«. Seine »Complete works« gab R. W. Bond heraus (mit Einleitung, Oxford 1902, 3 Bde.). »Euphues« ist auch in »Arber's reprints« gedruckt (Birmingh. 1868) und mit Einleitung von Landmann (Heilbr. 1887) herausgegeben; seine »Dramatic works« von Fairholt (Lond. 1858, 2 Bde.). Letztere sind zum Teil übersetzt von Bodenstedt in »Shakespeares Zeitgenossen«, Bd. 3 (Berl. 1860). Vgl. außer Bond: Landmann, Euphuismus (Gießen 1883); Child, John L. and euphuism (Leipz. 1894); G. Bakers Einzelausgabe von »Endymion« mit biographischer Einleitung (New York 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 553.
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